Der Prager Frühling 1968: Aufstand der demokratischen Kräfte gegen ein autoritäres Gewaltsystem und ein Laboratorium für neue Gesellschaftsentwürfe, das in der kollektiven Erinnerung Europas bis heute fortwirkt. Der prominente Osteuropahistoriker Martin Schulze Wessel veranschaulicht die Prager Reformbewegung um Alexander Dubček als ein Zukunftsprojekt, als den Versuch, die Annäherung zwischen sowjetischem System und westlicher Gesellschaftsform in der Mitte Europas zu realisieren. Er zeichnet den Prager Frühling zudem als ein Projekt der Vergangenheitsbewältigung nach, im Zuge dessen die Schauprozesse der fünfziger Jahre, beispielsweise gegen Rudolf Slánský, erstmals öffentlich diskutiert wurden.Die Denkwelten der Reformer des Prager Frühlings, dargelegt anhand neuen Quellenmaterials, sind zeitgebunden und aktuell gleichermaßen. Darin liegt ein Teil ihrer historischen Anziehungskraft, die auch heute noch, nach einem halben Jahrhundert, von ihnen ausgeht.
Tabella dei contenuti
Einleitung
1 Vergangenheit im Prager Frühling
Die Prozesse
Opfer der politischen Justiz und Protagonisten des Prager Frühlings
In kleinen Schritten zur Rehabilitierung
2 Zukunft im Prager Frühling
Kafka und das Problem der Entfremdung
Die ≫wissenschaftlich-technische Revolution≪ und Radovan Richtas Zivilisation am Scheideweg
Mehr Empirie wagen. Ota Šiks Wirtschaftsreform
Lektionen aus der Vergangenheit. Zdeněk Mlynařs Neuentwurf des politischen Systems
Zeitraume im Reformdiskurs
3 Frühling
Staatsmacht und Studentenprotest
Novotnys Sturz
Neuanfang oder Wachablösung?
Revolution der Öffentlichkeit
Wahlkampf
Demoskopie
Ein Parteiprogamm als Meilenstein
Errungenschaften in Gefahr? Die führende Rolle der Arbeiterklasse und die Gleichberechtigung von Mann und Frau
4 Sommer
Die Rückkehr der Vergangenheit als Pressure-Groups
Maifeiern
Wissen und Macht in der internationalen Politik
Im Zwielicht
5 Winter im Sommer
Das Gespenst der Slánský-Prozesse
2000 Worte
Nach Warschau? Nach Moskau!
Danach
Anmerkungen
Bibliographie
Danksagung
Personenregister
Circa l’autore
Martin Schulze Wessel, geb. 1962, lehrt Osteuropäische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist Sprecher der Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien und Direktor des Collegium Carolinum in München. Von 2012 bis 2016 war er Vorsitzender des deutschen Historikerverbands.