Litauens Hauptstadt Vilnius wurde im 20. Jahrhundert zum Brennpunkt sozialer und nationaler Revolutionen, von Kriegen und Besatzungen. Insbesondere seit der politischen Unabhängigkeit im Jahr 1991 begann sich die Stadt neu in Europa zu verorten und ihre Geschichte neu zu entdecken. Bereits seit Jahrhunderten ist die Stadt ein Erfahrungsraum verschiedener Kulturen. Spuren vergangener Lebenswelten und Identitäten zeigen sich bis heute in der Vielfalt der städtischen Architektur und Topografie. So gibt es neben dem litauischen das polnische und das jüdisch-jiddische, das russische und das weißrussische Vilnius: Orte, die von verschiedenen nationalen und konfessionellen Gruppen in Besitz genommen wurden. Die Autorinnen und Autoren des Bandes nehmen uns mit auf eine Entdeckungsreise und zeigen uns Vilnius in seiner historischen und kulturellen Vielfalt. Anschaulich vermitteln sie, wie sehr Gegenwart und Zukunft der Stadt mit den historischen Erfahrungen verwoben sind.
Tabella dei contenuti
Inhalt
Einleitung 9
Martin Schulze Wessel, Ekaterina Makhotina
I. Nationalisierte Stadtlandschaften: Das litauische Erbe im heutigen Vilnius25
Katarina Frankovic, Johannes Kontny, Viola Pokriefke, Ekaterina Makhotina
Von Rittern und »Goldenen Zeiten« – Inszenierung der nationalen Geschichte39
Okkupation und Widerstand, Gewalt und Glauben: Visualisierungen der sowjetischen Epoche im Museum für die Opfer des Genozids50
Das Gedenken an den 13. Januar 1991 als Symbol litauischer Eigenstaatlichkeit63
II. »Jerusalem des Nordens«: Das jüdische Vilnius in Geschichte und Erinnerung74
Jan Arend, Bojidar Beremski, Kateryna Katsun, Jörg Möhring, Emanuel Tatu
Das Ghettotheater von Vilnius: Erinnerungen an Leid und Widerstand87
Paneriai: Eine ehemalige Hinrichtungsstätte im Gedächtnis der Nachwelt93
Das jüdische Museum von Vilnius: Ort der stolzen und der traumatischen Erinnerung103
III. Topographie der Sehnsucht: Das polnische Wilno als Projektionsfläche für Patriotismus und Nostalgie115
Agnieszka Balcerzak, Anke Multrus, Nele Quecke, Magorzata Sidorowicz
Polnische Friedhöfe und der Pisudski-Kult in Vilnius 127
Vilnius als Pilgerziel und Ort religiösen Nationalgedenkens 135
Mickiewicz’ Wilno: Die Stadt als Ort der Erinnerung an den romantischen Dichter und Freiheitskämpfer 142
IV. Spuren und Leerstellen der sowjetischen Ära in Vilnius155
Nataliya Aleksenko, Carol Marmor
»Disneyland des Stalinismus« – Der kommerzielle Umgang mit der sowjetischen Vergangenheit im Denkmalpark Grut parkas 166
Die Tragödie von Piriupiai179
V. Vom Europa »en miniature« zu gegenwärtigen Neuverortungen191
Karl-Philip Güntert, Petr Heczko, Camilla Pabst, Tetyana Strashevska
Universitäten in Vilnius und ihre Beziehungen zu Europa als Bildungslandschaft203
Vilnius – Europäische Kulturhauptstadt 2009212
Der Europa-Park und der geographische Mittelpunkt Europas: Zur symbolischen Aufwertung von (Stadt-)Raum222
Nachwort231
Chronologie232
Literatur236
Abbildungsnachweise242
Register243
Circa l’autore
Martin Schulze Wessel ist Professor für Osteuropäische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Irene Götz ist dort Professorin für Europäische Ethnologie. Ekaterina Makhotina, M. A., ist Historikerin am Collegium Carolinum in München.