Gesundheit ist ein Menschheitstraum. Seit zweieinhalb Jahrtausenden hat die europäische Kultur – oft in Widerspruch zur Theologie – den Versuch gewagt, diesen Traum als existentielle Selbstbestimmung zu verwirklichen. Die Grundlage dazu bot und bietet die Überzeugung von dem unbedingten Primat der Naturgesetze. Heute besitzt das Gesundheitswesen ein höchst beeindruckendes Potential, Krankheiten zu heilen, Leiden zu mindern und Lebensläufe zu beeinflussen. Gleichzeitig naht das Ende der klassischen Medizin. Technischer Fortschritt, geänderte Formen der Wissensbildung, gesellschaftlicher Wandel und an erster Stelle die zunehmende Kommerzialisierung haben die Ärzte als zentrale Entscheidungsträger verdrängt und neue Akteure an die Macht gebracht, die erstmals in der Geschichte den Kranken als Ressource und Gesundheit als Ware betrachten.
Circa l’autore
Paul U. Unschuld ist Direktor des Horst-Görtz-Stiftungsinstituts für Theorie, Geschichte, Ethik Chinesischer Lebenswissenschaften, Charité, Berlin. Davor Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin, LMU München; Professor am Dept. of Behavioral Sciences, School of Hygiene and Public Health, Johns Hopkins University, Baltimore, USA.