Karl May trifft Franz Kafka auf einem Schiff nach Amerika. Wahr? Besser kann man es nicht erfinden …
Im Kopf war Karl May ja schon oft in Amerika. Aber erst im September 1908, da ist er 66, macht er sich wirklich auf, um sich in Bremerhaven nach New York einzuschiffen, gemeinsam mit seiner zweiten Frau Klara. Und wie es der Zufall will, trifft er auf dem Schiff ausgerechnet Franz Kafka, einen jungen Mann, der sehr schmal und sehr blass an der Reling steht. Will er sich, Gott behüte, ins Meer stürzen? Und wer, wenn nicht Karl May und die viel jüngere Dame an seiner Seite, soll ihn davor retten, für die Literatur und das Leben? Das ist der Stoff, aus dem gute Geschichten sind, und manchmal sind das eben Dreiecksgeschichten.
Peter Henischs Buch ist ein amüsantes Fantasie-Stück, ein raffiniertes Kammerspiel zwischen Realität und Fiktion. Mit leichter Hand und viel Fingerspitzengefühl bringt er Dinge zusammen, die wir in unserer Schulweisheit gerne trennen: Karl May und Franz Kafka, U und E, Lebenslüge und Lebensangst. Wen wundert’s, dass da die Funken sprühen!
Circa l’autore
Peter Henisch, geboren 1943 in Wien. Studium der Germanistik, Philosophie, Geschichte und Psychologie. Mitbegründer, Liedtexter und Sänger der Gruppe ‘Wiener Fleisch und Blut’ (1975) sowie Mitbegründer der Zeitschrift ‘Wespennest’. Seit 1971 lebt er als freieschwebender Schriftsteller in Wien, Niederösterreich und der Toskana.
Erste literarische Veröffentlichung 1971 mit ‘Hamlet bleibt’. 1975 erschien sein Roman ‘Die kleine Figur meines Vaters’ (überarbeitete Neuauflage Residenz 2003), in dem er sich mit der Vergangenheit seines Vaters als offizieller Kriegsfotograf während des Nationalsozialismus auseinandersetzte, das bis heute ein Kultbuch geblieben ist. Musikalisch arbeitet er vor allem mit Woody Schabata und Hans Zinkl zusammen.
Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Anton-Wildgans-Preis, Literaturpreis der Stadt Wien. Mit den Romanen ‘Die schwangere Madonna’ (Residenz, 2005) und ‘Eine sehr kleine Frau’ (2007) war Peter Henisch für den Deutschen Buchpreis nominiert. Zuletzt erschienen: ‘Der verirrte Messias’ (2009)
‘Kaum ein anderer österreichischer Autor macht so wenig Aufhebens von sich; und kaum einer hat die soziale und politische Entwicklung seines Landes in mittlerweile über zwanzig Büchern so präzise beschrieben wie er. Kritik hat er allerdings nie in der landesüblichen Form der rhetorischen Übertrumpfung betrieben, und vielleicht war es diese Tugend, sich der Routine wohlfeiler Empörung zu versagen und stattdessen den empörenden Verhältnissen geduldig auf den Grund zu gehen, die Peter Henisch den gebührenden Erfolg bis heute vorenthalten hat.’
Karl-Markus Gauß über Peter Henisch