Pierre Bayles »Dictionnaire historique et critique« (1. Aufl. 1697) ist als die »Bibel« oder, in den Worten Wilhelm Diltheys, als die »Rüstkammer der Aufklärung« bezeichnet worden. Die Attraktion, die es nicht nur auf die zeitgenössischen Leser ausübte, beruht in erster Linie auf dem Geist nüchterner, vorurteilsfreier Prüfung, der das ganze Werk durchzieht. Diese Grundhaltung traf den Nerv und das Lebensgefühl des 18. Jahrhunderts, das sich nach Kants Worten nur dem verpflichtet fühlte, was vor dem »Richterstuhl der Vernunft« legitimiert worden war. Bayle steht am Anfang dieser Entwicklung und pocht unbeirrbar auf die Rechte der Vernunft, die sich für ihn in einer schonungslosen Prüfung des überlieferten Wissenstandes manifestieren.
Im Jahr 2003 haben die Herausgeber aus den mehr als 2000 Artikeln des Wörterbuchs einen ersten Band mit einer Auswahl von gut 30 Artikeln sowie mit den vier »Klarstellungen« Bayles in neuer Übersetzung innerhalb der Philosophischen Bibliothek (Ph B 542) vorgelegt. Infolge der positiven Resonanz erscheint anläßlich des 300. Todestages Bayles jetzt der zweite und abschließende Teil der Auswahlausgabe. Der Schwerpunkt liegt wiederum auf den philosophischen Artikeln des ‘Dictionnaire’. Zusammen mit den bereits vorliegenden Texten vermitteln die hier präsentierten gut 30 weiteren Artikel einen Eindruck von Bayles philosophischem Denken.
Circa l’autore
Lothar Kreimendahl, 1995 bis 2017 Ordinarius für Philosophie an der Universität Mannheim, Leiter der dortigen Arbeitsstellen »Kant-Index« sowie »Lambert-Edition«. Forschungsschwerpunkt: Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Philosophie der europäischen Aufklärung, dem britischen Empirismus, insbesondere zu Hume, der kontinentaleuropäischen rationalistischen Tradition, zu Spinoza, Bayle, Wolff, Baumgarten, Kant, Mozart; kommentierte Editionen und Übersetzungen von Werken Humes, Condillacs, Wolffs, Bayles, Baumgartens; Indices zu Kants vorkritischen Schriften.