Bachelorarbeit aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Geschichte Europas – Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1, 0, Universität Wien (Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät), Veranstaltung: SE Weibliche Herrschaft im Europa der Frühen Neuzeit, Sprache: Deutsch, Abstract: Als König Philipp II. am 8. August 1559 seine Halbschwester Herzogin Margarethe von Parma mit dem Amt der Statthalterschaft in den Niederlanden betraute, führte er eine Jahrzehnte lang währende Tradition fort. Die Delegation der königlichen Autorität an ein Mitglied aus der habsburgischen Dynastie war damals nicht ungewöhnlich. Das politische Amt einer Statthalterschaft wurde in vielen neuzeitlichen Großreichen auch an Frauen vergeben, vor allem wenn sie aus der Dynastie beziehungsweise Herrscherfamilie des Monarchen stammen. Aufgrund (heirats-) politischer Absichten erkannte Karl V., Margarethe von Parma, als seine natürliche Tochter an. Sie war also fester Bestandteil der habsburgischen Innen- und Außenpolitik und gewissermaßen der verlängerter Arm der königlichen Autorität.
Dennoch wird ihnen in der Geschichtswissenschaft allgemein eher wenig Raum gegeben. Man setzte der alten feministischen Geschichtsbetrachtung eine neue Perspektive gegenüber: von Handlungsräumen und Handlungsfähigkeiten bis hin zu einer ‘Geschichtsmächtigkeit’, welche uns bis zur Macht und Herrschaft der Frauen führt, die bislang eher unbeachtet blieb. Wer war also die Statthalterin der Niederlande und wie zeigte sich ihr politisches Kalkül in den Auseinandersetzungen um ihre Herrschaft? Während es zu König Philipp II. mehrere Monografien gibt, sind wenig aktuelle Forschungsergebnisse zu Margarethe Herzogin von Parma. In italienischen Forschungen wird sich neuerdings hingegen bemüht, ihr Leben zu analysieren. Diese Arbeit bemüht sich daher, die Geschichte der Herzogin und ihrer Herrschaft in den Niederlanden sichtbar zu machen, ihre politische Laufbahn als Statthalterin und zugleich Schachbrettfigur der zentralistischen spanischen Politik anhand der Auseinandersetzungen während ihrer Amts-zeit zu rekonstruieren und zu eruieren, wie sich die Kategorie Geschlecht in der frühneuzeitlichen Gesellschaft realisiert.
Circa l’autore
Sabrina Kummer, geboren 1996, studiert Französisch, Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung im Master an der Universität Wien und an der Université Paris-Est Créteil. Sie beschäftigt sich mit intersektionalem Feminismus, Politik und Fragen gesellschaftlicher Pluralität. Ihre Arbeiten folgen einer bestimmten Sehnsucht: nach einer Gesellschaft in der das patriarchale, weiße, eurozentrische Bild von Geschichte zugunsten eines reflektierten Geschichtsbewusstseins verdrängt wird.
Kummer setzt sich seit langem dafür ein historische Narrationen hinsichtlich ihrer Ästhetik zu dekonstruieren und kritisch zu hinterfragen. Von der Vergangenheit kann man sich viele unterschiedliche Bilder machen. In der Weltgeschichte, so wie wir sie gelernt haben und kennen, fehl(t)en aber an mehreren Stellen ausgerechnet jene Teile, die etwas über die Frauen verraten oder die Analysekategorie Gender historisieren.
Sprache und Denken prägen unsere Wirklichkeit, weshalb die Frage nach der Kontinuität von biologistischen Geschlechterkonstruktionen und -stereotype in gegenwärtigen Gesellschaften zentrale Forschungsthemen ihrerseits sind. Mit dem Forschungsschwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte recherchiert und arbeitet Kummer auch intersektional und untersucht Zusammenhänge zwischen Sexismen, Biologismen und Rassismen.