Dieser spannende Roman, in Form eines fiktiven Tagebuchs geschrieben, beginnt mit einem Schiffsunglück, Anfang 1894 vor Südwest. In der Deutschen Kolonialzeitung war darüber zu lesen:
NANNY VOR SÜDWEST GESTRANDET
Wundersame Rettung fast aller Passagiere
Von Bremen nach Lüderitzbucht unterwegs, das ersehnte Land vor Augen, packte eine gewaltige Faust das Schiff.
Kapitän Ernst Gau, ein mit den Wassern aller Meere gewaschenen Fahrensmann, bestätigte später, einen solchen Sturm bei hellem Himmel und klarer Sicht noch nicht erlebt zu haben. Das Ruder brach, und die Nanny trieb auf eine Sandbank, die es ja hier in der Sandwichbai so zahlreich gibt. Die Matrosen banden sich an der Reling mit Tampen fest, um wenigstens einen Teil der Decksladung zu retten. Die Passagiere wähnte man alle zu Tisch in der Messe. Dem war leider nicht so. Familie Köppen aus Frankfurt an der Oder, rechtschaffene Leute, die auf Überfahrt waren, um in Südwest zu siedeln, sie konnten sich nicht sattsehen, denn Land war schon in Sicht.
Die plötzliche Schlagseite des Schiffes beim Stranden ließ sie und zwei Besatzungsmitglieder über Bord gehen.
Zwei männliche Leichname und der einer Frau wurden nach zwei Tagen gefunden. Ob Karl Köppen dabei war, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, die Suche ging bis dato weiter.
Wie durch ein Wunder wurde der Sohn der Familie Köppen gerettet. Offensichtlich hatte ihn jemand an eine Planke gebunden, wie das Oberhaupt einer dem Strand nahe gelegenen Hottentottensiedlung gestenreich erklärte.
Die Wilden hatten den deutschen Jungen versteckt, offensichtlich wollten sie ihn bei sich behalten, vielleicht sogar mit einem ihrer Weiber verheiraten. Aber Hermann Köppen, siebzehn Jahre jung, frischgebackener Schmiedegeselle, widerstand, und so konnte ihn schon drei Tage später der herbeigerufene Pfarrer Tanneberg von der Missionsstation Obongo in seine Arme schließen. Die Qual des Jungen hatte ein Ende. Wir sind sicher, dass wir von Hermann Köppen noch hören werden! Ehren wir die Heimgegangenen! Hoch leben unsere tapferen Siedler, es lebe unser schönes Südwest!
Eben jener Überlebende beginnt, nachdem er langsam wieder zu sich kommt, am 15. Januar 1894 ein Tagebuch, in dem er von nun an das Wichtigste vom Tage notieren und auch sonst alles zusammenhalten, was von unserem Leben auf neu gewonnener Scholle kündet. Ich sehe es auch als meine Pflicht nach dieser wundersamen Rettung. Die Aufzeichnungen reichen bis zum 20. Dezember 1949. Ein Leben – einsam in Südwest.
About the author
Jürgen Leskien
19.10.1939 in Berlin-Friedrichshain geboren.
Ausbildung und Arbeit als Motorenschlosser. Ab 1959 Offizier, Flugzeugführer/Navigator der Luftstreitkräfte der DDR. Ingenieur für zivile Flugsicherung, 1972 Entlassung aus der Armee.
Ab 1972 Studium der Theaterwissenschaften an der Theaterhochschule Leipzig, Arbeiten über Heinrich von Kleist, 1977 Diplom.
Dramaturg beim Fernsehen der DDR in Berlin. Seit 1978 freiberuflich tätig.
1978/79, 1981, 1982 Arbeit als Kfz-Schlosser im Rahmen der Entwicklungshilfe der DDR in Angola.
1983/84, 1988/89 Arbeit im UNHCR Flüchtlingscamp für namibische Flüchtlinge (Kwanza Sul in Angola) und im „ ANC Entwicklungs- und Ausbildungscamp Dakawa (Tansania) / Mazimbu“.
Die Berührung mit AFRIKA wird prägend für die schriftstellerische und publizistische Arbeit.
März 1990 bis Oktober 1990 Mitglied der Volkskammer der DDR.
Mitarbeit u. a. im ‘Ausschuss für Entwicklungspolitik’. Als Parlamentarier offizieller Namibiabesuch, Rückführung der in der DDR lebenden namibischen Flüchtlingskinder.
1991 Teilnahme an der Afrikanischen Buchmesse in Harare / Simbabwe.
1994 / 1995 Mitinitiator der Spendenaktion ”Fischkutter für Angola”, 1995 als Maschinenassistent an Bord, Überführung eines ”DDR/Treuhand-Fischkutters” von Rostock nach Luanda.
Seit 1990 Arbeit in Namibia, u.a. Mitarbeit am Konversionsprojekt (ehemalige Basis der Südafrikanischen Luftwaffe, Projektleiter vor Ort) des Bremer Afrika Archivs und des Centre of Africa Studies (Universität Bremen) – ‘Ruacana Education with Production Centre’ in Ruacana / Namibia.
Seit 2005 engagiert in der AFRI-LEO Foundation Namibia/Damaraland.
Bis 1992 Berlin-Prenzlauer Berg, seit 1993 Wohnsitz in Kleinbeuthen bei Berlin, wahlweise Namibia – Swakopmund, Damaraland, Farm Karos.
Literaturpreise
Erich Weinert Literaturpreis 1978
Literaturpreis der Stadt Berlin (DDR) 1984
FDGB-Literaturpreis 1987