Der Nahostkonflikt ist ein hochkomplexes und seit Jahrzehnten ungelöstes politisches Problem von globaler Bedeutung. Weltweit wird kontrovers darüber diskutiert, wie die Rolle und das Verhalten der zentrale Konfliktakteure zu bewerten sind und wie der Konflikt gelöst werden könnte. Hinzu kommt, dass dieser Konflikt als ein Austragungsort und Katalysator diverser individueller und kollektiver Identitäten, politischer und moralischer Selbstverständnisse, emotionaler und erinnerungspolitischer Befindlichkeiten, gesellschaftlicher Erfahrungen sowie ideologisierter Denk- und Deutungsmuster gilt – auch in Deutschland.
Die politische Bildung muss die Positionierungen zum Nahostkonflikt in Deutschland kennen, um diese reflektieren zu können. Dazu muss sie sich sowohl mit der Mehrperspektivität als auch mit zentralen Kontroversen in politischen und fachlichen Diskursen zumindest exemplarisch auseinandersetzen. Akteure und Akteurinnen der politischen Bildung erhalten mit diesem Band das Rüstzeug für diese Herausforderung.
Der Band bietet:
– einen Überblick über wesentliche Aspekte des Konflikts
– Darstellungen kontroverser Diskurspositionen
– Beschreibungen und Deutungen zentraler Konfliktakteure
– ein Kompendium der Bedeutung und Thematisierung des Nahostkonflikts in Deutschland
Table of Content
Mirko Niehoff: Einleitung: Nahostkonflikt kontrovers – Perspektiven für die politische Bildung
Zur Thematisierung des Nahostkonflikts in Deutschland
Markus Kaim: Deutschland, Israel und der Nahostkonflikt: Anmerkungen zu einem besonderen Verhältnis
Steffen Hagemann: Der Nahostkonflikt im Spiegel der Einstellungsforschung
Carola Richter: Der Nahostkonflikt im Spiegel deutscher Medien
Juliane Wetzel: Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus im Kontext Nahostkonflikt
Mehrperspektivität I: 18 Perspektiven auf den Nahostkonflikt, Israel und/oder die Palästinenser
Amina Nolte: Martin Buber: Die Idee einer binationalen Lösung
Wolfgang Heuer: Hannah Arendt: Regionale Föderation als Lösungsansatz
Lars Tittmar: Jean Améry: Die Notwendigkeit Israels als Schutzraum vor Antisemitismus
Patricia Piberger: Judith Butler: Visionen eines binationalen Israels
Andreas Koch: Edward Said: Zionismus als rassistische Ideologie
Andreas Koch: Alan Dershowitz: Ressentiments gegen Israel als Bedrohung für den jüdischen Staat
Johanna Korneli: Caroline B. Glick: Die Einstaatenlösung als einzige Alternative für einen dauerhaften Frieden
Johanna Korneli: Eva Illouz: Säkularismus, Demokratie und Universalismus als Bedingungen für die Lösung des Nahostkonflikts
Mirko Niehoff: Yaacov Lozowick: Antizionismus als zentrales Lösungshindernis
Inva Kuhn: Gershom Gorenberg: Demokratisierung Israels als Voraussetzung für Frieden
Amina Nolte: Tzipi Livni: Mit moderaten Kräften zu einer Lösung des Konflikts
Amina Nolte: Naftali Bennet: Konfliktmanagement anstelle von Konfliktlösung
Amina Nolte: Ahmad Tibi: Anerkennung und Selbstbestimmung der Palästinenser/-innen als Voraussetzung für Versöhnung
Christoph Dinkelaker: Mustafa Barghouthi: Gewaltfreier Widerstand zur Überwindung israelischer Besatzung
Mirko Niehoff: Sari Nusseibeh: Einstaatenlösung im Interesse der Palästinenser und Israels als jüdischer Staat
Sabine Achour: Sumaya Farhat-Naser: Besatzung und Radikalisierung als Grundproblematiken
Christoph Dinkelaker: Mahmud Abbas: Mit diplomatischen Mitteln zur Zweistaatenlösung
Christoph Dinkelaker: Ismail Haniyeh: National-religiöser Anspruch auf das Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan
Mehrperspektivität II: Zehn Fragen und zehn Antworten von Nahostexperten/-innen
Margret Johannsen: Frieden schließt man mit seinem Feind
Moshe Zuckermann: Israels mangelnde Kompromissfähigkeit als Friedenshindernis
Stephan Grigat: Antisemitismus als ein Kernproblem des Nahostkonfliktes
Steffen Hagemann: Territorium, Legitimität, Identität – Dimensionen und Dynamiken des israelisch-palästinensischen Konflikt
Tamar Amar-Dahl: Die altansässigen Araber Palästinas als Leidtragende des zionistischen Israels
Götz Nordbruch: Nahostpolitik ist Geschichts- und Erinnerungspolitik
About the author
Prof. Dr. Sabine Achour
ist Gastprofessorin im Arbeitsbereich Politikdidaktik und politische Bildung am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der FU Berlin. Sie promovierte zum Thema ‘Bürger muslimischen Glaubens. Politische Bildung im Kontext von Migration, Integration und Islam’. Dafür erhielt sie 2015 den Walter-Jacobsen-Preis für politische Bildung. Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift ‘Wochenschau’ sowie Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für politische Bildung (DVp B) in Berlin.
Dr. phil. Tamar Amar-Dahl
israelisch-deutsche Historikerin. Studium der Geschichte und Philosophie in Tel Aviv, Hamburg und München. Promotion
an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Lehre und Forschung an der Humboldt-Universität und der FU Berlin. Junior-Fellowship am Alfried-Krupp Wissenschaftskolleg, Greifswald. Zurzeit assoziierte Wissenschaftlerin am Otto-Suhr-Institut, Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients, FU Berlin.
Christoph Dinkelaker
ist Islam-, Politik- und Geschichtswissenschaftler. Mitgründer der Nahostplattform Alsharq. Zwischen 2011 und 2012 Leiter einer Forschungsgruppe, die ein Kompendium zu palästinensischen Parteien verfasste. Zwischen 2012 und 2014 Projektleiter am Willy Brandt Center Jerusalem, das Kooperationen zwischen jugendlichen Israelis und Palästinensern/-innen unterstützt. Seit 2014 Organisator und Leiter politischer Studienreisen in Länder des Nahen Ostens und Nordafrika.
Dr. Stephan Grigat
2016/17 Gastprofessor für Israel Studies am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien der Universität Potsdam; 2015/16 Gastprofessor für kritische Gesellschaftstheorie an der Justus-Liebig-Universität Gießen; 2005/06 Forschungsstipendiat in Tel Aviv; seit 2003 Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an der Universität Wien. Mitbegründer und Wissenschaftlicher Direktor der NGO ‘STOP THE BOMB – Bündnis für einen demokratischen und atomwaffenfreien Iran’. Beiträge in zahlreichen Zeitungen, u. a. Jungle World, Konkret, Die Zeit, Frankfurter Rundschau, Der Tagesspiegel, Die Presse, Der Standard, Neue Zürcher Zeitung.
Dr. Steffen Hagemann
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Kaiserslautern im Fachgebiet Politikwissenschaft. Studium der Politikwissenschaft und der Friedens- und Konfliktforschung an den Universitäten Marburg, Tel Aviv und FU Berlin. Promotion zur religiösen Siedlerbewegung in Israel.
Dr. Wolfgang Heuer
ist Privatdozent am Otto-Suhr-Institut für politische Wissenschaft der FU Berlin und Mitherausgeber der Online-Zeitschrift www.hannaharendt.net und des Arendt-Handbuch, Stuttgart 2011.
Dr. Margret Johannsen
studierte in Berlin und Hamburg. An der Universität Hamburg promovierte sie über das Thema ‘Amerikanische Atomwaffen in Europa’. Von 1987 bis 1997 gestaltete sie den friedenspädagogischen Service am IFSH. Seit 1997 gehört sie dem Institut als Senior Research Fellow an, seit 2009 ist sie Mitherausgeberin des jährlichen Friedensgutachtens. Sie ist Dozentin im Postgraduiertenstudiengang ‘Master of Peace and Security Studies – M.P.S.’ der Universität Hamburg.
PD Dr. habil. Markus Kaim
ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.
Andreas Koch
ist Politikwissenschaftler, promoviert zu Edward Saids Antizionismus und arbeitet als politischer Bildner gegen Antisemitismus.