Mit der demokratischen Wende von 1989 ist die Geschichte nach Osteuropa zurückgekehrt. Die politischen Kulturen der neuen Demokratien scheinen nahtlos an die alten Traditionen anzuschließen, alte Animositäten, alte Nationalismen und alte Intoleranz prägen das Bild der neuen politischen Landschaft.
Der ungarische Historiker und Politologe István Bibó (1911-1979) analysierte bereits Mitte der vierziger Jahre die nationalen Illusionen, Romantizismen und politischen Mentalitätsprägungen der ostmitteleuropäischen Länder Tschechoslowakei, Polen und Ungarn.
Nationale Kurzsichtigkeit und nationalistische Feindseligkeit kennzeichneten alle osteuropäischen Kleinstaaten und bewirkten so letztlich ihre politische »Misere«. Ungarn, Tschechen, Polen, Serben, Kroaten und Slowaken hassten einander, angetrieben von den Großmächten, die ihre Machtinteressen zu sichern suchten. Die nationalen Enttäuschungen im Gefolge der territorialen Veränderungen nach den Pariser Vorortverträgen waren ein günstiger Nährboden für Hitlers Expansionspolitik gewesen. In dieser Region – so Bibó 1946 – gab es keine Nation, die eine Außenpolitik hätte führen können, die sich über die eigenen territorialen Ansprüche hinwegzusetzen vermochte. Die historischen Wurzeln dieses politischen Elends aufzudecken, war das erklärte Ziel von István Bibó.
Jadual kandungan
l. Die Entstehung der europäischen Nationen und des modernen
Nationalismus
2. Der Bruch des Territorialstatus Ost und Mitteleuropas und das Entstehen des Sprachnationalismus
Das Erwachen der alten Nationen
Schwierigkeiten der Neugeburt und völkischer Gedanke
3. Der Zusammenbruch der drei historischen osteuropäischen
Staaten
Die Probleme Polens
Das Problem des historischen Ungarns
Das historische Böhmen und die Tschechoslowakei
Gemeinsame Schicksalszüge der drei historischen Staaten
4. Die Deformation der mittel- und osteuropäischen politischen Kultur
Der antidemokratische Nationalismus
Die Deformation des politischen Charakters
5. Das Elend der territorialen Auseinandersetzungen
Unterdrückung und Kränkung der Minderheiten
»Führungs«ansprüche
6. Die Lösung der territorialen Konflikte und die Konsolidierung Osteuropas
Die Möglichkeiten der Konsolidierung
Historischer Status quo und ethnische Grenze
Politische und moralische Losungen in den Grenzdebatten
Das Selbstbestimmungsrecht der Völker
7. Die Technik des guten Friedensschlusses
Die Gefahren der Prinzipienlosigkeit und Grundsätze, die einen Weg aus dem gegenwärtigen Chaos weisen
Prinzipielle Standpunkte und Machtpolitik
Thomas Schmid, Nachbemerkung
Mengenai Pengarang
Der Historiker, Politologe und Sozialpsychologe István Bibó (1910-1979) ist einer der bedeutendsten ungarischen Theoretiker. In der Nagy-Regierung von 1956 hatte er den Posten eines Ministers inne, wofür er bis 1963 im Gefängnis saß. Bibós Bedeutung für die Oppositionsbewegung ist immens. Ein 1000-seitiger Gedenkband anläßlich seines Todes markiert den Anfang der ungarischen Dissidentenliteratur.