Das Rote Wien war lange ein Kampfbegriff, der auf die politischen Mehrheitsverhältnisse in Österreich anspielte: eine sozialdemokratische Insel innerhalb einer konservativ regierten Republik. In der internationalen Forschung ist daraus ein alternativer Epochenbegriff geworden, der die Jahre 1919-1934 bezeichnet und das Spannungsfeld zwischen den politischen Lagern, aber auch die Wissenschaft, Kunst und Kultur dieser Zeit umfasst. Das Rote Wien steht für die Zweite Wiener Moderne mit ihren Hoffnungen, konkreten Utopien und Entwürfen einer neuen Gesellschaft. Das Massenelend nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, die Flüchtlingskrise nach dem Zusammenbruch des Vielvölkerstaates, die Finanz- und Wirtschaftskrise, die prekären Lebensverhältnisse und die Herausbildung einer neuen Konsum- und Freizeitkultur sind die Rahmenbedingungen dieses gesellschaftspolitischen Experiments. Wie baut man eine Großstadt ohne Slums und Ghettos, wie gewährleistet man Gesundheitsversorgung für alle, wie schafft man ein sozial durchlässiges Bildungssystem: heutige Fragen als ferne Echos aus einer Zeit, in der politischer Gestaltungswille und Aufklärung eine zerbrechliche Allianz eingingen.
Mengenai Pengarang
Ingo Zechner ist Philosoph und Historiker, der 2002 an der Universität Wien seinen Dr. in Philosophie erwarb. Seit 2015 ist er Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Geschichte und Gesellschaft (LBIGG) in Wien. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde Wien (2000-2008) war er Leiter des Informations- und Unterstützungszentrums für Holocaust-Opfer der Gemeinde (2003-2008) und nach jahrelanger Entwicklung dieses Projekts (2003-2008) Gründungsgeschäftsführer des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaustforschung (VWI) (2009). Seit 2010 ist er Projektleiter und Teilnehmer mehrerer Forschungsprojekte bei VGA und LBIGG, darunter das Projekt ‘Ephemeral Films: Nationalsozialismus in Österreich’ (2011-2016). Dr. Zechner war stellvertretender Direktor des IFK International Research Center for Cultural Studies in Wien (2013-2016). Seit 1999 ist er Mitglied des Berkeley/Tübingen/Wien/Harvard Research Network (BTWH) und war Gastwissenschaftler an der University of California, Berkeley (2003) und Fellow am United States Holocaust Memorial Museum in Washington DC (2013). Dr. Zechner hat zwei Bücher (über philosophische Ästhetik und poststrukturalistische Philosophie) veröffentlicht, einen Ausstellungskatalog, zwei Bände und zwei Zeitschriften mitveröffentlicht und über Film, Literatur, Musik, Archivierungstheorie und -praxis sowie Holocaustforschung geschrieben, u.a.: Bild und Ereignis, Wien 1999 (Image und Event), Deleuze. Der Gesang des Werdens, München 2003 (Deleuze. The Chant of Becoming); Die helle und die dunkle Seite der Moderne, Wien-Berlin 2014 (The Bright and the Dark Side of Modernity, Hrsg. mit Werner Michael Schwarz); Abenteuer Alltag. Zur Archäologie des Amateurfilms, Wien 2015 (Alltagsleben als Abenteuer. Amateurfilmarchäologie, Hrsg. mit Siegfried Mattl et. al.). www.ingozechner.net | www.lbigg.org
Georg Spitaler ist Forscher beim Verein für Geschichte der Arbeiter Innenbewegung (VGA) in Wien. Er studierte Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien und war Junior Fellow am IFK International Research Center for Cultural Studies in Wien (2002-2003) und an der Duke University (2004). Er war Postdoc am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien (2008-2014) und ist Dozent an mehreren österreichischen Universitäten. Seit 2014 ist Dr. Spitaler Mitglied im Berkeley/Tübingen/Wien/Harvard Research Network (BTWH). Er hat mehrere Bücher, Sammelbände und Artikel über Arbeitsgeschichte, politische Aspekte des Sports und politische Theorie veröffentlicht, u.a.: Friedrich Adler vor dem Ausnahmegericht. Das Attentat gegen den Ersten Weltkrieg, Wien 2016 (Friedrich Adlers Sondergerichtsprozess. Ein Aufruf gegen den Ersten Weltkrieg); Julius Deutsch. Kriegserlebnisse a Friedliebenden. Aufzeichnungen aus dem Ersten Weltkrieg (Kriegserfahrungen eines Friedensliebhabers. Notizen aus dem Ersten Weltkrieg, beide Hrsg. mit Michaela Maier), Fußball unterm Hakenkreuz in der ‘Ostmark’ (Hrsg. mit David Forster und Jakob Rosenberg); Theoriearbeit in der Politikwissenschaft, Hrsg. mit Eva Kreisky und Marion Löffler. www.Georg Spitaler.at | www.vga.at
Rob Mc Farland promovierte 2000 an der University of California, Berkeley, in Germanistik. Seit 2001 ist er Professor für Deutsche Literatur, Film und Kultur an der Brigham Young University und wurde 2017 zum ordentlichen Professor befördert. Derzeit ist er Steuber-Veinz-Stipendiat des BYU College of Humanities, und von 2012-2015 war er Professor für Allgemeine Bildung an der BYU. Prof. Mc Farland war von 2011-2017 Leiter der deutschen Sektion der BYU-Abteilung für Deutsch und Russisch. Er ist Mitglied des Leitungsausschusses der Koalition der Frauen in Deutschland (Wi G) und ist seit 17 Jahren Co-Direktor von Sophie: Eine digitale Bibliothek mit Werken deutschsprachiger Frauen. (sophie.byu.edu). Er ist Gründungsmitglied des Berkeley/Tübingen/Wien/Harvard Research Network (BTWH). Neueste Bücher: Rotes Wien, Weißer Sozialismus und der Blues: Ann Tizia Leitichs Amerika (2015), Sophie entdeckt Amerika: Deutschsprachige Frauen schreiben die Neue Welt (2014, Hrsg. mit Michelle Stott James). Prof. Mc Farland hat in den letzten 18 Jahren regelmäßig wissenschaftliche Artikel über Film, Literatur, Architekturgeschichte, Darstellungen von Städten und die europäische Rezeption Amerikas geschrieben.