Das romantische Bild der innigen naturgegebenen Beziehung von Mutter und Kind prägt bis heute das Klischee der Mutterrolle. Wie ist dieses Bild von Mutterschaft entstanden? In ihrer Dissertation erforscht Sandra Busch die Verbindung von maternalistischen Grundmustern und Romantik. Sie stellt die These auf, dass sich die Mutterbilder der Romantik aus dem 18. ins 21. Jahrhundert transferiert haben. Aus kultur- und erziehungswissenschaftlicher Perspektive blickt die Autorin zunächst auf (früh-)romantische Mutterbilder in literarischen und pädagogischen Texten, in denen das um 1800 entstehende neue Verständnis von Kindheit deutlich wird. Die weiteren Untersuchungen spannen den Bogen von der Reformpädagogik bis zur Still-Renaissance der 1970er- und 1980er-Jahre, in denen sich das Weiterwirken romantisch-natürlich orientierter Konzepte in Texten zu Geburt und Stillen manifestiert. In der spezifischen Verbindung von Mutterbildern, Romantik, Natur und Natürlichkeit zeigt Sandra Busch, wie sich die Ideen des 18. Jahrhunderts im kulturhistorischen Wandel als zentrales Deutungsmuster von Mutterschaft in der Moderne etablieren.
Jadual kandungan
1 Einleitung 1.1 Einordnung. Fragestellung. Vorgehen 1.2 Zum Forschungsstand 1.3 Theoretische Rahmung. Methodischer Zugriff. Begrifflichkeiten Teil I Mütter und Mutterbilder in der Romantik 2 Kontextuelle und diskursive Voraussetzungen: Mutter, Vater und Kind gegen Ende des 18. Jahrhunderts 2.1 Mutter: Die »gute Mutter« zwischen Repression und Machtzuwachs im ambivalenten Mutterschaftsdiskurs der späten Aufklärung 2.2 Vater: Vaterschaft als »Abbruchunternehmen«? 2.3 Kind: Von der »Vernachlässigung« zur Kindzentriertheit der Aufklärungspädagogik und zu romantischen Kindheitsbildern 3 Zu Mutterfiguren, Mutterdiskursen und Mütterlichkeit in frühromantischer Literatur und Pädagogik 3.1 »Literatur als Wiegenlied« in Kittlers Aufschreibesystem 1800: Frau, Natur und »Mütter, die die Dichter sprechen machen« 3.2 Mütter der Romantik: Beispiele 3.2.1 Schlegels Lucinde: »Mutter […] die mir ewig Braut sein wird« 3.2.2 Novalis' Heinrich von Ofterdingen: Von der Vater-Tochter zum Dichter als Mutter-Sohn 3.2.3 Tiecks Der blonde Eckbert: Die mütterliche Stimme 3.2.4 Friedrich Schleiermachers Die Weihnachtsfeier: »Jede Mutter eine Maria« 3.2.5 Arndts Fragmente über Menschenbildung: »Die Mutter […] Bild des unendlichen Seins« 3.2.6 Jean Pauls Levana: Die »blauen Berge der Kindheit« und der »heitere Erziehgarten« im bürgerlichen Haus 3.3 Zusammenfassung: Elemente romantischer Mutterbilder und Dimensionen romantischen Sprechens über Mutter und Kind(er) Teil II Romantik der Mütter und romantische Mutterbilder 4 Kontinuitäten I: Fröbel, Bachofen, Key 5 Kontinuitäten II: 1980 ff. – über Romantik, Frauen und Natur im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts 5.1 Über Kontinuitäten und Wiederkehr des Romantischen 5.2 Natur I 6 Natürlich(e) Mutter: Die Sehnsucht nach der verlorengegangenen Einheit 6.1 Natur II: Natürlichkeitsdispositiv und Natur als Norm bei Schwangerschaft, Geburt und Stillen 6.2 Über »natürliche« Geburt 6.3 Stillen – von Natur aus gut 6.4 Die »Pioniere« einer alternativen (Geburts-)Kultur: Natürliche Geburt und Stillen bei Leboyer, Odent & Co. 6.5 Mutter/Kind/Natur in ausgewählten deutschsprachigen Ratgebern zu Schwangerschaft, »natürlicher Geburt« und Stillen in den späten 70er und frühen 80er Jahren 7 Neue Mütterlichkeit 7.1 Gretchenfragen: Zur neuen Mütterbewegung ab 1979 7.2 Naturschutz – Mütterschutz: »Mütter werden laut.« Zum Müttermanifest (1987) 8 Fazit und Schluss