Wie sehr unser Alltag auf Konsensen der unterschiedlichsten Art beruht, merkt man immer dann, wenn diese implizit oder explizit aufgekündigt werden. Damit verbunden ist eine Begriffs- und Theoriegeschichte, der sich die Beiträge dieses Bandes aus interdisziplinärer Perspektive widmen. Gegenstand ist der zentrale Beitrag eines vielsprachigen und multikulturellen Jahrtausends, das wir gewöhnlich Mittelalter nennen. Im Mittelpunkt der Begriffsarchäologie in historischer und systematischer Absicht steht der Begriff „consensus’, der auch in gegenwärtigen Debatten eine beachtliche Konjunktur besitzt. Ein Konsens beruht auf einer in vernünftiger Rede konstituierten Gemeinsamkeit. Die ihm zugrundeliegende Übereinstimmung ist jedoch von der Art der gut begründeten, anerkannten Meinungen, nicht von der Art der Beweise. Im Unterschied zur Zustimmung aus rein theoretischen Gründen tritt beim consensus zur Einsicht in die Gründe ein Moment willensmäßiger Zustimmung hinzu. Zugespitzt gesagt: Ein Konsens muss auch gewollt sein. Wie aber kommt ein Konsens zustande und was geschieht, wenn er aufgekündigt wird? Der historische Blick zeigt uns wie in einem Laboratorium die zentrale Idee wie auch die Perspektivenvielfalt der Konsensthematik.
Over de auteur
Andreas Speer und Thomas Jeschke, Thomas-Institut der Universität zu Köln.