Die Kraft der Dichtung, seit Platon ein Topos, wird in der Literatur zwischen 1770 und 1830 in radikaler Weise neu gedeutet. Statt nach göttlicher oder unbewusster Inspiration, überwältigender Wirkung oder seelenmechanischer Bewegung wird nun nach den Verwandlungsmöglichkeiten der Dichtung gefragt. Diese Neukonfigurationen poetischer Kraft diskutiert die Autorin im Kontext des frühen thermodynamischen Denkens, dem sich die Welt nicht als Mechanismus, sondern als selbstorganisierter Metabolismus zeigt. In Bildern der Natur wie auch in maschinenähnlichen Anordnungen, in denen verbrannt und verbraucht, geatmet und gegessen wird, entwickeln Goethe und Novalis Modelle einer Formdynamik, die sich mit Herder und W. v. Humboldt als energeia, mithin als fortgesetzte Gestaltung und Umgestaltung verstehen lässt.
-
Schreibt die Geschichte der Kraft in Naturphilosophie und Dichtungstheorie des 17. und 18. Jahrhunderts neu
-
Greift aktuelle Impulse der energy studies auf
-
Goethe und Novalis als Beobachter des Einstiegs in fossile Verbrennungskulturen
Over de auteur
Cornelia Zumbusch, *1972 Kabul; since 2013, Professor of Modern German Literature, University of Hamburg, specialising in 18th and 19th century literature; since 2015, Codirector Warburg-Haus Hamburg; since 2019, spokesperson DFG Collaborative Research Group ‘Imaginarien der Kraft’, research interests include problems of poetics and the genesis of literary forms, as well as questions posed by image and cultural studies around and after 1900