Über Nacht haben Militarismus und Kriegsertüchtigung wieder die Kontrolle über das öffentliche Leben übernommen. Noch gestern hatte man den Ewigen Frieden in der Verfassung beurkundet und sich stolz gebrüstet, bei den ‘Lehren aus der Geschichte’ alle anderen zu überflügeln. Doch jetzt bläst dieselbe Fraktion zur Hetze gegen die ‘Lumpenpazifisten’, bringt Militainment zur besten Sendezeit und setzt eine gigantische Aufrüstung der Waffenarsenale ins Werk. Die angestrebte Weltmeisterschaft gilt nunmehr dem Sektor der Totmach-Industrien.
Ernst Tollers bittere Komödie ‘Nie wieder Friede’ (1934/36) klärt uns auf, wie so etwas möglich ist. Das falsche Friedensplakat trug auf seiner Rückseite immer schon die Parole für neue Kriegsabenteuer: ‘Man muß es nur umdrehen.’ Ob Kosmopolitismus oder nationale Weltgeltung, ob Freiheitspredigt oder autoritäre Staatspolitik, ob Krieg oder Frieden – das entscheidet sich stets an der jeweiligen Lageeinschätzung der Besitzenden und Herrschenden. Zu folgen ist den Einflüsterungen der Kriegsprofiteure.
Wer wird beim Experiment zur Kriegstauglichkeit der Erdenbewohner gewinnen: Soldatenkaiser Napoleon oder Franziskus aus Assisi? Der Verfasser des hochaktuellen Bühnenstücks war linker Pazifist mit jüdischer Herkunft. Damit passte er gleich dreimal ins Feindbildvisier der Nazis. 1933 setzte NS-Deutschland Toller auf die allererste Ausbürgerungsliste und warf seine Werke ins Feuer. Nach neun Jahrzehnten sollten wir die ‘verbrannten Bücher’ wieder unter die Leute bringen, denn der Militarismus scheint unausrottbar zu sein.
Zu den Beigaben dieser friedensbewegten Edition gehören acht Kapitel aus Tollers Autobiographie ‘Eine Jugend in Deutschland’ (1933), der Schluß des Dramas ‘Hinkemann’ (1923) und die Warnung des Schriftstellers vor dem deutschen Faschismus in der ‘Weltbühne’ vom Oktober 1930.
Ein Band der edition pace,
herausgegeben von Peter Bürger
Over de auteur
Peter Bürger (geb. 1961 in Eslohe/Sauerland), katholischer Theologe (Studium Bonn, Paderborn, Tübingen 1982-1987), Krankenpfleger (Examen 1991), mehre psycho-soziale Berufsfelder; seit 2003 freier Publizist. Herausgeber der Reihe ‘Kirche & Weltkrieg’ (https://kircheundweltkrieg.wordpress.com) und des von ihm konzipierten Editionsprojektes ‘Tolstoi-Friedensbibliothek’ (www.tolstoi-friedensbibliothek.de). Mitgliedschaften: Internationale katholische Friedensbewegung pax christi (ab 1980); Internationaler Versöhnungsbund (deutsche Sektion); DFG-VK; Solidarische Kirche im Rheinland; Ökumenisches Institut für Friedenstheologie. – Forschungen zu ‘Krieg und Massenkultur’; Bertha-von-Suttner-Preis (Film & Medien, 2006); außerdem zahlreiche Veröffentlichung zur Regionalgeschichte Südwestfalen und Themen der niederdeutschen Literatur (Rottendorf-Preisträger).