Die Herausgebenden legen mit „Globale Soziologie“ einen Band vor, der in Debatten um die Dekolonisierung der Disziplin interveniert. Sie vereinen Beiträge, die anhand dreier Fragenkomplexe die international bereits geebneten, im deutschsprachigen Raum jedoch kaum betretenen Wege zu einer Globalen Soziologie aufzeigen und erweitern. Sie stellen zunächst die Geschichte der Soziologie auf den Prüfstand und fragen, von welchen Standpunkten aus „klassische“ Theorien entworfen wurden und wessen Lebensrealitäten sie erfassen und adressieren. Insbesondere die ungleichen Voraussetzungen in der Konstruktion und Zirkulation von „Klassikern“ bei institutionell hergestellter Unsichtbarkeit anderer Werke finden Berücksichtigung. Zweitens gehen die Beiträge des Buchs der Frage nach, welche epistemologischen und methodologischen Schlüsse sich aus diesen historiographischen und theoretischen Kritiken und Rekonstruktionen ziehen lassen. Sie erarbeiten Vorschläge, die einen erkenntnistheoretischen Wandelhin zu einer reflexiven, multiperspektivischen und global verflochtenen Soziologie begründen und fortführen können. Drittens werden Schlüsselthemen identifiziert und anhand empirischer Studien aus der Arbeits-, Migrations- und Geschlechtersoziologie illustriert.
Inhoudsopgave
Einleitung in globalsoziologische Debatten.- Zwischen Lateinamerika und Asien: Die frühe Soziologie gegen den Strich lesen.- Verflochtene Soziologien und imperial geprägte Geschichten: von Ibn Khaldun über Ludwig Gumplowicz bis Franz Oppenheimer.- Lektionen aus der New World Group: Anglophon-karibische Sozialwissenschaften in den 1960er Jahren aus wissenschaftssoziologischer Perspektive.- Den Nationalstaat als Norm kreolisieren: Lehren aus zwei Peripherien.- Weder Ökonomisierung noch Kulturalisierung: für eine konviviale Soziologie.- Die Öffnung der Sozialwissenschaften in Zeiten der offenen Wissenschaft: Spannungen und Herausforderungen in einer ungleichen akademischen Welt.- Zeitlich-räumliche Verflechtungen, diskursiv-materielle Verknüpfungen: eine kritische gesellschaftstheoretische Perspektive auf globale Ungleichheit in der Sorge- und Hausarbeit in Westeuropa.- Migrationsbewegungen aus der Levante-Region nach Brasilien: Mehrere Generationen verflochtener Geschichten.- Die digitale Shadow-Workforce: Globale Wertschöpfung und postkoloniale Kontinuitäten.
Over de auteur
Dr. Fabio Santos ist Gastwissenschaftler an der University of California, Berkeley, und lehrt am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin.
Dr. Clara Ruvituso ist Postdoctoral Investigator von Mecila am Ibero-Amerikanischen Institut Berlin.