Die erste Ausgabe von Vicos »Scienza nuova« von 1725 wird hier zum ersten Mal in deutscher Übersetzung vorgelegt. Sie ist ein Hauptwerk des emblematischen Philosophen Italiens, das in den Schatten des berühmteren späteren Werks von 1744 mit dem (fast) gleichen Titel geraten ist.
Es wäre verkürzt, die »Neue Wissenschaft« von 1725 nur als eine erste Auflage zu betrachten, denn sie ist ein Werk eigenen Rechts. Vico entwirft hier zum ersten Mal seine »neue Wissenschaft«, die zum Ziel hat, die von den Menschen gemachte politische Welt philosophisch zu verstehen. Anders als Descartes, der Gewissheit allein aus dem reinen Denken gewinnt, findet Vico sicheres Wissen in einer umfassenden Betrachtung menschlicher Schöpfungen. Die Vielfalt der kulturellen Zeichen, die Entwicklung der Sprache und die Geschichte politischer Institutionen werden damit wissenschaftsfähig, was sie vor Vico nicht waren. Seine Philosophie ist Geschichts-, Sprach- und Wissenschaftsphilosophie in einem. Vicos radikale Wende der Meta-Physik in eine Meta-Politik legt die Grundlagen der modernen Kulturwissenschaft.
Aus dem großen Korpus der griechischen Mythologie und des römischen Rechts entfaltet die neue Wissenschaft von 1725 in zwei Kapiteln die politisch-juristische und die sprachlich-semiotische Entwicklung der frühen Völker. Die Prinzipien und Transformationen der gesellschaftlichen Strukturen und des poetischen Denkens von der mythischen und heroischen Zeit bis zum menschlichen Zeitalter betrachtet Vico als universalhistorische Bewegung aller Völker und als Philosophie der Menschheit.
Over de auteur
Jürgen Trabant ist Professor em. für Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in Sprachpolitik, Semiotik, Sprachphilosophie, Geschichte des europäischen Sprachdenkens und historischer Anthropologie der Sprache. Er war zuletzt Mitglied der Forschergruppe »Symbolische Artikulation. Sprache und Bild zwischen Handlung und Schema« (Volkswagen Stiftung) an der Humboldt-Universität zu Berlin.