In den deutschen Kriegsdebatten ging es seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts auch um die Frage, welche Belastungen ein zukünftiger Krieg den Nerven der Bevölkerung abverlangen würde. Im Ersten Weltkrieg etablierten sich dann Nervenstärke und Nervenschwäche als häufig benutzte Kampfbegriffe; hinzu kam nun die massenhafte Erfahrung von psychischen Versehrungen und deren Behandlung. Dieser Band lotet das Verhältnis von Nerven und Krieg in der Vor- und Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs erstmals systematisch aus. Er richtet den Blick sowohl auf die zeitgenössischen Nervendiskurse wie auch auf individuelle wie gesellschaftliche psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen.
Inhoudsopgave
Inhalt
Vorwort 9
Nerven und Krieg – Einführung
Gundula Gahlen, Ralf Gnosa, Oliver Janz 11
I. Medizinische Diskurse über Nerven und Krieg
Die Nerven und Nervositätsdebatten vor 1914 – Organische
Schwäche oder traumatische Neurose
Bernd Ulrich 21
Die Wende zur »Willenskultur« in der Nerventherapie und das
nervöse Doppelgesicht des Krieges
Joachim Radkau 37
Psyche, Trauma und Kollektiv – Der psychiatrische Diskurs über
die erschütterten Nerven der Nation
David Freis 53
»Bis zur Unlöslichkeit verwickelt« – Zum Konzept von »Krieg
und Geistesstörung« bei Gustav Specht
Susanne Ude Koeller 77
II. Die Nerven der Kriegsteilnehmer an Front und Heimatfront 1914–1918
Zur Ambivalenz der Zermürbung – Die »Nerven« der Frontsoldaten
in öffentlichen und privaten Kriegsdeutungen 1914–1918
Christoph Nübel 101
Die Nerven der Offiziere als militärisches Problem – Diskurse und Handlungsstrategien in der deutschen Armee 1914–1918
Gundula Gahlen 121
Reassessing the Approach to War Hysterics during World War I
in Germany – Rhetoric, Reality, and Revelations
Rebecca A. Bennette 141
Zwischen »Kaufmann Kur« und Baldrian – Diskurse und
Praktiken militärpsychiatrischer Therapiemethoden im Ersten
Weltkrieg (1914–1918)
Philipp Rauh 171
Die Nerven der Anderen – Britische und deutsche Psychologen
im Ersten Weltkrieg. Ein Vergleich
Andrea Gräfin von Hohenthal 199
Die Nerven der »Daheimgebliebenen« – Die Familienangehörigen
der Soldaten in emotionshistorischer Perspektive
Silke Fehlemann 227
III. Fortwährende Leiden, Nervendiskurse und mediale Deutungsmuster in der Nachkriegszeit
Contested Memories of Traumatic Neurosis in Weimar and
Nazi Germany
Jason Crouthamel 253
Sendung und Bewusstsein – Deutsche Psychiater nach dem Ersten Weltkrieg
Thomas Beddies 273
Die Nerven der Stahlhelmmänner – Weltkriegserinnerung und Selbstverständnis in der Organisation »Der Stahlhelm Bund der Frontsoldaten« 1918–1933
Dennis Werberg 293
Normalität Kampfbereitschaft, Nervenschwäche Pazifismus – Auffassungen des Krieges als Nervenprobe in literarischen
Diskursen des Ersten Weltkriegs
Olga Lantukhova 327
Nervlich angegriffene Individuen, Massen und ihre Führer –
Spiegelungen neuropsychiatrischen und massenpsychologischen Diskurswissens in Robert Reinerts Film NERVEN (1919)
Julia Barbara Köhne 345
›Die Nerven der Welt sind krank.‹ Robert Reinert’s Nerven and
the scripts of the German Revolution of 1918–19
Mark Jones 391
Autorinnen und Autoren 413
Personenregister 419
Ortsregister 427
Over de auteur
Oliver Janz ist Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin.