Die Weitergabe von Wissen und Fertigkeiten ist ein Kernbereich mittelalterlicher Lebenswirklichkeit. Die deutsche Literatur kann dabei entscheidende Einblicke geben, wie sich das Feld des Lehrens, Lernens und Bildens vom 8. bis 16. Jahrhundert entwickelt. Theoriegeleitetes Wissen und praxisbezogene Handlungsanweisungen werden nicht nur in im engeren Sinne didaktischen Texten vermittelt. Lehrhaftes Sprechen und der Anspruch, lêre und bilde zu bieten, ist ein Grundprinzip auch der erzählenden Texte, der Lyrik und der Spiele. Die hier versammelten Beiträge des XIII. Anglo-German Colloquium in Nottingham (2013) geben somit einen faszinierenden Einblick in das ganze Spektrum mittelalterlicher Wissensvermittlung im Spannungsfeld schriftlicher und mündlicher Traditionen.
Inhoudsopgave
Vorwort
Grundlagen der Lehre
Christoph Huber: Lehre, Bildung und das Fiktionale
Manfred Eikelmann / Silvia Reuvekamp:
Wie lernt der Mensch? Anthropologische Betrachtungen der Lern- und Entwicklungsfähigkeit des Menschen in deutschen und lateinischen Texten des Mittelalters
Stephen Mossman: Wie lernte man aus der Predigt? Zur Medialität der deutschen Predigt im späteren Mittelalter, ausgehend von der Zitatensammlung der Berliner Handschrift Ms. germ. quart. 191
Tim Jackson: Nu wil ich schreiban unser heil. James Ussher (1581-1656) und die Verwendung der altdeutschen Literatur im Dienst der Reformation
Bildung und Textaneignung
Alderik Blom: Die ‘Altalemannischen Psalmenfragmente’. Zur Struktur, Interpunktion und Pragmatik einer althochdeutschen Interlinearversion
Nikolaus Henkel: Vergil lesen: Thomas Murners ‘Aeneis’-Übersetzung als Weg zur Lektüre eines lateinischen Klassikers
Sarah Bowden: Auf Deutsch lehren. Latein und Volkssprache in religiösen Gedichten des 12. Jahrhunderts
Nigel Harris: Lehren und Bilden in den Schriften eines spätmittelalterlichen ‘Machtmenschen’: Bischof Ulrich II. Putsch von Brixen
Meditation und Gebet
Annette Gerok-Reiter: Gestufte Lehre. Thema und Variation bei Mechthild von Magdeburg
Stefan Matter: Mittelhochdeutsche Tagzeitentexte im Spannungsfeld von Liturgie und Privatandacht. Zu Formen des Laienstundengebetes im deutschsprachigen Mittelalter
Anne Simon: Ave Maria und Rosenkranz als Gebetsunterweisung im spätmittelalterlichen Nürnberg
Nigel F. Palmer: Bildung durch Gebet. Meditation und der Aufbau des inneren Menschen im Straßburger Begerin-Gebetbuch um 1480
Wissenstransfer
Sandra Linden: Lieben lernen? Lehrhafte Vermittlung und ihre Problematisierung in den Minnereden
Franz-Josef Holznagel: apenbar sus lere! Weltliche Didaxe im ‘Rostocker Liederbuch’
Annette Volfing: Kunst- und Wissenstransfer in der Jenaer Liederhandschrift
Fachsprache und Dialog
Heike Sahm und Stephanie Schott: Geschrei oder Gesang. Rosenplüts Beitrag zur Debatte um Leitbilder der Nürnberger Handwerkerdichtung im 15. Jahrhundert
Christina Lechtermann: Fleiß. Übung und Genauigkeit in der Messkunst Heinrich Lautensacks
Simone Schultz-Balluff: Anweisung und Lehre. Zur Funktionalisierung von ‘St Anselmi Fragen an Maria’
Frank Fürbeth: Lehrdialoge und Sprichwörter als Formen der Wissensvermittlung in Heinrich Wittenwilers ‘Ring’
Reflexionen über erzählende Literatur
Manfred Kern: Buch und Sorge oder die schwierige Versöhnung von Poesie und Wissen
Gert Hübner: Erzähltes Handeln, kulturelles Handlungswissen und ethischer Diskurs. Überlegungen zur Lehrhaftigkeit vormoderner Erzählungen
Ricarda Bauschke: Lernen durch Narration? Die Bildung des Artusritters als erzählerische Herausforderung
Gerhard Wolf: Historia magistra vitae? Zur didaktischen Funktionalisierung der Geschichte in der volkssprachigen Chronistik zwischen ‘Annolied’ und Aventin