‘Die Demokratiedebatte der Zwischenkriegszeit gehört fraglos zu den Sternstunden der politischen Ideengeschichte. In der Auseinandersetzung mit den Vordenkern der liberalen Demokratie lässt sich der existenzielle Ernst der Argumentation nachempfinden. Ihre Einsichten bleiben aktuell, weil sie uns daran erinnern, wie anspruchsvoll das Projekt der liberalen Demokratie tatsächlich ist.’
Demokratie war in Weimar und ist auch im 21. Jahrhundert ein Versprechen auf die Zukunft, getragen von Hoffnungen auf Verbesserung, dem Leitbild einer sozialen Demokratie folgend und von der Vision erfüllt, Klassenkonflikte zu überwinden. Die kurzen vierzehn Jahre ihrer Existenz gleichen einem Laboratorium der Moderne. Der fatale Ausgang des Demokratieexperiments ist bekannt, aber die Wagnisse und Erfahrungen Weimars entfalteten eine langfristige Wirkung – als Beispiel Periode intensiver politischer und gesellschaftlicher Krisenreflexion und als Warnung vor antidemokratischer Militanz und populistischer Leichtfertigkeit.
Die Stärke der liberalen Demokratie liegt darin, dass sie verbesserungs- und lernfähig ist. Garantien für ihren Bestand gibt es nicht. Ihr Gelingen hängt davon ab, dass die Bürger*innen die Vorzüge der demokratischen Lebensform erkennen und sich für das Gemeinwesen engagieren. Die Einsichten der Weimarer Denker bleiben aktuell, weil sie die Existenzgrundlagen der Demokratie durchdachten. Bei ihnen ging es ums Ganze, und sie erinnern uns daran, wie voraussetzungsreich das Projekt der liberalen Demokratie bis heute tatsächlich ist.
Over de auteur
Jens Hacke (Jg. 1973) lehrte bislang Politische Theorie in Berlin (Humboldt), Hamburg, Halle-Wittenberg und Greifswald. Er arbeitet momentan als Vertretungsprofessor für Vergleichende Politische Kulturforschung an der Universität der Bundeswehr München und ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Ideengeschichte. Buchveröffentlichungen: Existenzkrise der Demokratie. Zur politischen Theorie des Liberalismus in der Zwischenkriegszeit, Berlin (2018), 3. Aufl.; Die Bundesrepublik als Idee. Zur Legitimationsbedürftigkeit politischer Ordnung, Hamburg (2009); Philosophie der Bürgerlichkeit. Die liberalkonservative Begründung der Bundesrepublik, Göttingen (2008), 2. Aufl.