Anders als manche Veröffentlichungen der Arbeitsund Organisationspsychologie und der Arbeitssoziologie wird hier der Begriff Arbeitsbelastung im Einverständnis mit einer der Alltagssprache entsprechenden Konnotation verwendet: Mit Arbeitsbelastung wird ein von den Arbeitsaufgaben ausgehender subjektiv empfundener Arbeitsdruck angesprochen, der sich für das jeweilige Subjekt belastend auswirkt. Mit Arbeitsbelastung wird also eine psychische Beanspruchung markiert, die für das betroffene Individuum beeinträchtigend wirkt. Der Begriff Arbeitsbelastung markiert ein mehrdimensionales Konstrukt, bei dem mehrere Faktorenbündel aufeinander einwirken und sich zu einer individuellen psychischen Beanspruchung mit unterschiedlich intensivem Belastungspotenzial verdichten. Einzubeziehen sind: psychisches Belastungspotenzial der Arbeitsaufgaben, individuelles Anspruchsniveau und Bewältigungsressourcen des Mitarbeiters, Strukturen und sozialer Kontext der Arbeitsumgebung bzw. der Organisation. Die im Zuge der öffentlichen Kinderschutzdebatten erfolgte Erweiterung des Personalbestandes im ASD hat mit dem quantitativen Aufgabenzuwachs (Anzahl der Fälle und von vielen Mitarbeitern als zusätzlich empfundene Aufgaben) nicht Schritt gehalten. Quantitativ hat eine Erweiterung der Anforderungen an die ASD-Mitarbeiter stattgefunden. Die Arbeitsaufgaben im ASD enthalten ein handlungsfeldspezifisches Belastungspotenzial, in dem sich außerordentlich anspruchsvolle Anforderungen bündeln. Die Arbeitsaufgaben sind mit einem hohen Grad an Unsicherheit verbunden, Entscheidungen gehen aufgrund ihrer Tragweite für die betroffenen Adressaten mit einem hohen persönlichen Verantwortungsdruck einher, und die Aufgabenerfüllung ist in eine Reihe von Widersprüchen eingewoben, die nicht aufgelöst werden können, sondern in einer stets gefährdeten Balance gehalten werden müssen. In der Komplexität der Anforderungen enthält der ASD-Arbeitsplatz Belastungsoptionen, die diesen Arbeitsplatz gegenüber anderen Anforderungsund Arbeitskonstellationen der Sozialen Arbeit hervorhebt. Mit dieser Konstellation kann man von einer besonderen, fast ‘einzigartigen’ Belastungssituation sprechen. Der Umgang mit Arbeitsbelastung markiert eine kontinuierliche, von Leitungspersonen aktiv wahrzunehmende Aufgabe. Bei Überlegungen zur Bewältigung von zunehmender Arbeitsbelastung können mitarbeiterbezogene und organisationsbezogene Entlastungsstrategien mit jeweiligen Maßnahmen erwogen werden. Bei den Erwägungen zur Arbeitsbelastung und zu Bewältigungsmöglichkeiten sind nicht nur die Belastungen einzubeziehen, denen sich die ASD-Mitarbeiter ausgesetzt fühlen. Wenn über Belastungsdruck im ASD gesprochen wird, sind auch Faktoren der psychischen und sozialen Belastung wahrzunehmen und einzubeziehen, die auf die Leitungspersonen einwirken.
Over de auteur
Merchel, Joachim, Prof. Dr. phil., Dipl.-Päd., Jhrg. 1953; Professor (i. R.) für das Lehrgebiet "Organisation und Management in der Sozialen Arbeit", ehemals Fachhochschule Münster, Fachbereich Sozialwesen; [email protected]