Gibt es eine ostdeutsche Identität? Bezeichnet „ostdeutsch“ analytisch treffend spezifische Lebensumstände oder ist sie eine politische Erfindung? Der Band informiert hierzu aus wissenschaftlicher Sicht. Politikwissenschaftliche, soziologische, wirtschafts- und finanzwissenschaftliche Beiträge untersuchen dies z.B. anhand der Wirtschaftskraft, des Wahlverhaltens, der Parteien, der Zivilgesellschaft, von Bürgerdialogen, Demokratieförderprogrammen oder Elitenbildern. Die Analysen zeigen Ostdeutschland und ostdeutsch als weiterhin sinnvolle analytische Kategorien, die auch gesamtdeutsche Entwicklungen zu verstehen helfen. Zwar ist ein Teil von Ost-West-Unterschieden auf feingliedrigere soziale und regionale Differenzen zurückzuführen (Kompositionseffekte). Dennoch verbleiben auch unter Berücksichtigung dieser Merkmale genuine Besonderheiten Ostdeutschlands (Kontexteffekte). Vor diesem Hintergrund bildet Ostdeutschland eine sozial relevante Lebenswelt und ein kontroverses Identitätsangebot.
Inhoudsopgave
Einleitung: „Ostdeutsch“ als umstrittene analytische Kategorie und kollektive Identität.- Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftsentwicklung Ostdeutschlands: Regionale Differenzierungen dominieren die gemeinsame Vergangenheit.- Öffentliche Haushalte und Finanzpolitik in Ländern und Kommunen in Deutschland seit 1991: Ost-West-Differenzierung trotz Annäherungen noch immer klar erkennbar.- Erkenntnisse aus der Föderalismusforschung: Ein Plädoyer für ‚mehr Ostdeutschland‘ in ländervergleichenden Policy-Analysen.- Zivilgesellschaft in Deutschland – Unterschiedliche Dichte und Staatsquote in Ost und West.- Erfolgsbedingungen von Bürgerdialogen. Regionale Kontexte vs. veranstaltungsspezifische Faktoren.- Kulturelle Bildungsteilhabe in Deutschland. Zur Bedeutung von Komposition und Kontext für die Wahrnehmung non-formaler kultureller Bildungsangebote am Beispiel der innerdeutschen Ost-/West-Dichotomie.- Strategien gegen Rechtsextremismus in ost- und westdeutschen Landesprogrammen – Ähnlichkeiten dominieren.- Zunehmende Ungebundenheit und rechte Schließung. Elektorale Offenheit in Ost und West zwischen Konvergenz und Differenz.- Parteiensysteme und Regierungsformate: Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland mit dem Osten als heterogene Gruppe.- Regionale Verankerung und Mobilität von Eliten in Deutschland. Eine Erklärung für die Unterrepräsentation der Ostdeutschen?.- Elitenwahrnehmung als Karrierehindernis für Ostdeutsche?.- Medienvertrauen in Ostdeutschland.- Funktionen des “Ostdeutschen”. Neue nationalistische Narrative?.- Das Ringen um ‚die Ostdeutschen’ – über die Beharrlichkeit einer Identitätskonstruktion.- Heimatverlust und strukturelle Ungleichheit: Analogien zwischen Ostdeutschen und Migrant*innen auf dem Prüfstand.
Over de auteur
Dr. Lars Vogel ist wissenschaftlicher Leiter des Arbeitsbereichs Methoden und Politische Soziologie am Institut für Politikwissenschaft der Universität Leipzig.
Dr. Astrid Lorenz ist Professorin für das Politische System der Bundesrepublik und Politik in Europa und Dekanin der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie der Universität Leipzig.
Dr. Rebecca Pates ist außerplanmäßige Professorin mit Schwerpunkt Identität und Repräsentation am Institut für Politikwissenschaft der Universität Leipzig.