Das Verhältnis zwischen Geist und Natur ist seit der frühen Neuzeit eines der großen Themen der Philosophie, das in das Zentrum unseres Selbstverständnisses als menschliche Wesen stößt. Auch die aktuellen Debatten in der Philosophie des Geistes sind davon bestimmt. Dabei steht seit Descartes im Hintergrund die Überzeugung, dass zwischen Geist und Natur eine tiefe Kluft besteht und unser Geist nicht in die Natur passt. Erst diese Überzeugung verleiht den Debatten ihre Brisanz. Diese Kluft ist jedoch nicht leicht zu präzisieren, denn weder ist der Naturbegriff klar, noch gibt es eine allgemein akzeptierte Definition des Mentalen, aus der hervorginge, was genau das Mentale zu einem nicht-natürlichen Phänomen macht. Das eröffnet den Spielraum für die Vermutung, dass die Kluft zwischen Geist und Natur nur eine scheinbare ist. Immerhin sprechen starke Intuitionen dafür, den Geist ohne reduktive Abstriche als Bestandteil der Natur zu betrachten: Er ist ein Produkt der Evolution; die Grenze zur tierischen Kognition ist eine graduelle; unsere personale Identität hängt von unserem Selbstverständnis als biologische Wesen ab. Die Beiträge des Bandes sammeln und diskutieren Argumente dafür, den menschlichen Geist auf eine unproblematische Weise als Teil der Natur zu begreifen, ohne eine tiefe Erschütterung unseres Selbstbildes befürchten zu müssen.
Spis treści
Alexander Becker, Wolfgang Detel: Vorwort Wolfgang Detel: Naturalismus und intentionaler Realismus 1. Spielarten des intentionalen Realismus 2. Die Referenz der Alltagspsychologie 3. Die Referenz des professionellen Interpretierens 4. Der Realismus in der sublinguistischen Semantik 5. Naturalistische Theorien natürlicher Sprachen 6. Intentionaler Realismus und Interpretationismus Gerson Reuter: Wem schreiben wir mentale Eigenschaften zu? Biologische Lebewesen als Subjekte von Erfahrungen 1. Einleitung 2. Zwei Hintergrundannahmen 3. Subjekte von mentalen Zuständen 4. Subjekte und das Problem diachroner Identität 5. Konstituierte Personen 6. Naturalistische Implikationen für unser Selbstbild Michael Kohler: Interpretation und Gattung 1. Einleitung 2. Davidson über die Grenzen des Verstehens 3. Die Generative Grammatik und das Prinzip der Barmherzigkeit 4. Philosophische Aspekte der Evolution der Sprache 5. Soziale Intelligenz und Empathie als Bedingungen sprachlicher Kommunikation 6. Die Natur der Syntax und der logischen Form Oliver Schütze: Naturalismus und Normativität 1. Einleitung 2. Zwei Arten von Normativität – kategorische und instrumentelle Normativität 3. Essentielle Normativität – am Beispiel der Bedeutungstheorie 4. Der Normativitätsbegriff in bedeutungstheoretischen Kontexten 5. Die Normativität mentaler Zustände 6. Schluß Ralph Schrader: Der Naturalismus in der Philosophie der Sozialwissenschaften 1. Einleitung 2. Etappen der Naturalismusdebatte 3. Varianten des Naturbegriffs 4. Methodologischer Naturalismus 5. Ontologischer Naturalismus 6. Emergenz 7. Spielarten des 'sozialtheoretischen Realismus’ 8. Resumée Alexander Becker: Lebenswelt und undogmatischer Naturalismus 1. Einleitung: Lebenswelt und Naturalismus 2. Der Dogmatismus des Naturalismus 3. Die Idee des undogmatischen Naturalismus 4. Der undogmatische Naturalismus in Aktion: Chalmers, Maddy, Detel 5. Die Einheit der Natur 1: Die eine Erfahrungswelt 6. Die Einheit der Natur 2: Die eine Realität 7. Konstitutive Verhältnisse 8. Die Motivation des Naturalismus: Der Wille zum Wissen 9. Resumée