Essen und Trinken sind nutritive Grundbedürfnisse und Lustquellen menschlichen Daseins, nichtdelegierbare Handlungen, kulturtragende Formen der Kommunikation, Anker der Gastlichkeit, Situationen, Symbolsysteme und Rituale, Agrar-, Handel- und Industrieprodukte, Selbstbehauptungsmedien und Bestände der kulturellen Gedächtnisse. All diese Bedeutungen werden im Leben der Menschen mit kommunikativen, juristischen, politischen, religiösen, ästhetischen, hygienischen, ethischen und moralischen Faktoren ihres Zusammenlebens verknüpft.
In ihrer Gesamtheit prägt die Bedeutungs- und Faktorenfülle menschliches Leben in einem so umfassenden Maße, dass man vom Essen und Trinken als einem 'sozialen Totalphänomen’ gesprochen hat (Marcel Mauss).
Soll dieses 'Totalphänomen’ in seiner globalen Komplexität erforscht und vermittelt werden, reicht eine singuläre Disziplin nicht hin. Dann wird eine vielstimmige Erkenntnisarbeit benötigt, die das Nachdenken der einzelnen Disziplinen im Horizont einer Theorie und Praxis übergreifenden Sicht zusammenführt.
Als Bezeichnung für diese Sicht hat Alois Wierlacher den Ausdruck 'Kulinaristik’ geprägt (von lat. culina, die Küche). Er ist ein Klammerbegriff ähnlich wie die Begriffe 'Medizin’ oder 'Chemie’. Er fasst die vielseitige Erforschung und Vermittlung der Rolle und Funktion des Essens und Trinkens im Aufbau der Kultur(en), in der Verständigung zwischen den Menschen und im Leben des einzelnen ins Wort.
Dieser Aufgabe dient auch das Jahrbuch. Es wird im Auftrag des Kulinaristik-Forums von renommierten Vertretern verschiedener Sachgebiete herausgegeben. Sein kompositorisches Konzept ist nicht die Einsinnigkeit, sondern eine dem Gegenstand adäquate Vielfalt von Formen und Farben der Annäherungen.
Spis treści
Editorial
1. Die Welt der Kulinaristik.
Zu Konzeption und Realisation einer polyperspektivischen, transdisziplinären und verhaltensbezogenen Wissenschaft vom Essen und der Gastlichkeit
2. Die Kulinaristik vor der Kostenfrage.
Mit Beiträgen von Martin Dannenmann, Burckhard Dücker, Gabriele Voigt-Gempp, Angela Häußler, Jochen Hörisch, Eun-Jeung Lee, Cornelia Reiher, Alois Wierlacher.
3. Einstieg in die transnationale Frühstücksforschung.
English Summaries of Regional Studies in 'Kulinaristik des Frühstücks. Breakfast Across Cultures’ (2017). Frank Baasner (Frankreich), Marie-Louise Brunner and Stefan Diemer (GB/USA), Stefania Di Michele (Italien), Ruža Fotiadis (Balkanländer), Angela Häußler and Alois Wierlacher (Deutschland), Peter Heine (Muslim Societies), Irmela Hijiya-Kirschnereit (Japan), Eun-Jeung Lee and Daniela Claus-Kim (Südkorea), Yong Liang (China), Peter Peter (Österreich), Tomasz G. Pszczółkowski (Polen), Dessislava Stoeva-Holm (Schweden), William Wagaba (Uganda)
4. Heidelberger Vorträge zur Kulinaristik.
Mit Beiträgen von Barbara Methfessel, Reinhard Spieler und Felix John.
5. Im Gespräch. Interview mit Professor Dr. Alois Wierlacher, Ehrenvorsitzender des Kulinaristik-Forums.
6. Berichte und Dokumente. Mit der Charta von Mailand und Beiträgen von Nicole Graf, Martin Dannenmann, Christine Ott, Volker Scheerer, Anja Wagner.
O autorze
Dr. phil. Alois Wierlacher, Professor i.R. für interkulturelle Germanistik an der Universität
Bayreuth, geb. 1936 in Wuppertal, Promotion 1964 bei Richard Alewyn in
Bonn, erste Professur (1964–66) am German Department der UCLA (Kalifornien),
1966–1986 Lehrtätigkeit an der Universität Heidelberg.
1986 Wechsel an die Universität Bayreuth; Parallelaufbau der interkulturellen Germanistik
und der Kulinaristik; Initiator mehrerer Institute, Arbeitskreise und Sommerschulen,
Fülle von Publikationen, zahlreiche Seminare und Gastprofessuren an
ausländischen Universitäten (u. a. Bloomington, Jakarta, New Delhi, Peking,
Princeton, Stellenbosch, Tokyo); Gründungs- und Ehrenpräsident der Gesellschaft
für interkulturelle Germanistik und des Kulinaristik Forums, Ehrenprofessor der
Universitäten (KIT) Karlsruhe, Qingdao und BFSU (China).