Wie unterhaltsam und aufschlussreich es sein kann, sich Menschenbildern sowie wissenschaftsgeschichtlichen Konstellationen über den Umweg von Wissensfiguren aus der Tier- und Pflanzenwelt zu nähern, haben Benjamin Bühler und Stefan Rieger in »Vom Übertier« und »Das Wuchern der Pflanzen« bewiesen. Sie zeichneten nach, wie unschuldige kleine Erbsen ins Kreuzfeuer von Darwinisten, Katholiken und stalinistischen Forschungspolitikern geraten konnten und wie es der virtuellen Mickey Mouse gelang, sich Mitte des 20. Jahrhunderts unter die Tiere aus Fleisch und Blut zu mischen. Mit dem »Machinarium« und dem »Lapidarium« vervollständigen sie nun ihre Wissensgeschichte der epistemischen Dinge. In üppig illustrierten Vignetten über Hamsterräder und Automobile, über Ohrsteine und Flüssigkristalle schlagen sie den Bogen von den Experimenten, die der Psychoanalytiker Josef Breuer zum Gleichgewichtsorgan durchführte, zu den Lagesensoren, die in moderne Smartphones verbaut sind; vom Hamsterrad gelangen sie zu den Tretmühlen, die zur Therapierung Tobsüchtiger ersonnen wurden, und zu den ruhelosen unternehmerischen Selbsten der Gegenwart.
O autorze
Stefan Rieger ist Professor am Institut für Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum.
Im Suhrkamp Verlag bereits erschienen: Die Individualität der Medien. Eine Geschichte der Wissenschaften vom Menschen (stw 1520); Die Ästhetik des Menschen. Über das Technische in Leben und Kunst (stw 1600); Kybernetische Anthropologie. Eine Geschichte der Virtualität (stw 1680) und – zusammen mit Benjamin Bühler – Vom Übertier. Ein Bestiarium des Wissens (es 2459).