Götterbilder schaffen eine eigene Welt theologischer Reflexion und religiöser Praxis. Texte vermitteln Gottesbilder von hoher Komplexität. Bildliche Darstellungen müssen indessen Gottesbilder auf das Wesentliche reduzieren. Diesen Reduktionsprozess lediglich als Simplifizierung zu begreifen, wäre unangemessen. Vielmehr handelt es sich um einen Konzentrationsprozess, der durch die bewusst evozierte Vieldeutigkeit der Wahrnehmung eine neue Komplexität erzeugt. Nicht von ungefähr besteht zwischen der durch Bilder einerseits und durch Texte andererseits vermittelte Profilierung von Gottesvorstellungen eine erhebliche Diskrepanz. Die Ursachen dafür liegen natürlich primär in den unterschiedlichen Möglichkeiten der Darstellungsmedien. Doch Medien sind nicht nur Mittel zum Zweck, sondern überlegt gewählte Filter, die Wahrnehmung gezielt leiten sollen.
Der vorliegende Band untersucht dieses Phänomen in Beiträgen grundsätzlicher Art und in materialen Präsentationen aus dem Bereich des Alten Orients, Griechenlands und der Welt des Hellenismus. Bewusst sind auch Beiträge aus dem Kontakt zwischen Christentum und Islam zum Thema Bildverehrung integriert worden. Dadurch wird deutlich, welche Kompensationsstrategien entwickelt werden, wo bildliche Repräsentationen dem theologischen Verdikt unterliegen.
Der Band enthält achtzehn Beiträge von international bekannten Forschern in deutscher und englischer Sprache.
Spis treści
Hermann Spieckermann: Götter – Bilder – Texte. Das Verhältnis von Götterbildern und Gottesbildern
Götterbilder in der Welt des Vorderen Orients
Angelika Berlejung: Die Reduktion von Komplexität. Das theologische Profil einer Gottheit und seine Umsetzung in der Ikonographie; Dominique Collon: Iconographic Evidence for Some Mesopotamian Cult Statues; Gebhard Selz: Sehen und gesehen werden, hören und gehört werden. Zu ‚religiösen‘ Wahrnehmungskonzepten nach frühen mesopotamischen Quellen; Alasdair Livingstone: The Babylonian Almanach. A Text for Specialists?; Frans A. M. Wiggermann: Applied Religion. The Treatment of Demonic Diseases in Mesopotamia
Götterbilder in der Welt der Achämeniden
Shahrokh Razmjou: Images and Representations of Persian Deities; Amelie Kuhrt: Religion in der Achämenidenzeit
Götterbilder in Griechenland und in der Welt des Hellenismus
Balbina Bäbler/Heinz-Günther Nesselrath: Der Stoff, aus dem die Götter sind. Zum Material griechisch-römischer Götterbilder und seiner ideellen Bedeutung; Erika Simon: Frühe Apollonbilder und das Problem früher Zeusbilder; Marianne Bergmann: Konstruktion und Paraphrase. Bilder neuer und fremder Götter im Hellenismus; Marion Meyer: Wunschbilder. Zu bildlichen Darstellungen abstrakter Personifikationen des guten Lebens; Dorit Engster: Synkrestistische Phänomene bei Gottheiten in antiken Myterienkulten; Achim Lichtenberger: Synkretistische Phänomene in Kulten und Kultur der Dekapolis
Gottesbilder in 'bildlosen’ Welten
Nathan Mac Donald: The Logic of Aniconism in the Old Testament; Matthias Radscheit: Der Koran als Kodex. Zur Verehrung des Buches im frühen Islam; Herman Teule: The Veneration of Images in the East-Syrian Church. With Special Emphasis on the Apologetic Literature. Addressed to the Muslim World; Sidney H. Griffith: Christians, Muslims and the Image of God. Iconophilia and Iconophobia in the World of Islam in Early Abbasid Times
O autorze
Brigitte Groneberg und Hermann Spieckermann, Georg-August-Universität Göttingen.