Galt die Mikwe zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch als 'Frauenbad’ einer gesellschaftlichen Randgruppe – kalt, ungesund, und nicht mehr zeitgemäß –, so steht am Ende der hier betrachteten Entwicklung das moderne Ritualbad einer emanzipierten Minderheit. In ihrer Studie spürt die Autorin denjenigen gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Faktoren nach, die in ihrem Zusammenspiel diese Transformation prägten. Sowohl die räumliche Anlage als auch das Verständnis des Rituals selbst wurden auf verschiedene Weise erneuert und dadurch den Bedingungen einer bürgerlichen Lebenswelt angepasst. Dabei richtet sich der Blick stets auf beide Seiten: Die deutsche Öffentlichkeit nahm die Mikwe hauptsächlich über die Ärzte als ein medizinisches Problem wahr, wohingegen die jüdische Gemeinschaft in einem allgemeinen Prozess der Reform alte Traditionen in einen neuen Wertehorizont einzupassen suchte. Einführend werden erstmalig auf verständliche Weise die komplexen religiösen Vorschriften zur Mikwe erklärt und ihre Nutzung seit dem Mittelalter dargestellt.
O autorze
Désirée Schostak studierte Anglistik und Germanistik in Würzburg sowie Jiddische Studien in Düsseldorf. Sie ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg tätig.