Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Musik – Sonstiges, Note: 1, 0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Musikwissenschaft), Veranstaltung: Musik in Berlin um 1810, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit dem Ausbruch der Französischen Revolution beginnt ein Umwälzungsprozess in
Europa, der die Aristokratie in einen permanenten Spannungszustand versetzt.
Neben dem Krieg und dessen Folgen strahlt die Revolution offenkundig ideell
insbesondere auf die deutschen Einzelstaaten aus. Die Herrscher geraten
angesichts liberalistischer, anti-aristokratischer Strömungen unter Druck. Im
Spannungsfeld der napoleonischen Kriege, der Neuordnung der Territorialverhältnisse
im deutschsprachigen Raum, wiederkehrender Aufstandsbewegungen
und einer neuen, liberal geprägten Publizistik bilden sich liberale und als Konterpart
dazu restaurative Regierungsstile heraus. Die Gefahr einer Revolution im Hinterkopf,
werden dem Bürgertum von den Regenten mehr Freiheiten zugesprochen. Der
Gefahr einer Revolution bürgerlicher Kräfte wird mit liberalen Tendenzen begegnet.
Das Gleichgewicht der Mächte bekommt eine neue Normung, weg vom Adel, hin zu
Bürger- und Beamtentum.
Diese paneuropäischen Nachwirkungen der Revolution haben auch Auswirkungen
auf das Theater- und Musikleben in Berlin. Unter der Herrschaft Friedrich Wilhelms
III. behauptet sich die preußische Hauptstadt während der napoleonischen Kriege
gegen die Besatzer und die mit der Besatzung verbundenen Belastungen. Es
herrschen chaotische Zustände. Der königliche Hofstaat und mit diesem weitere
wohlhabende Familien fliehen ins Königsberger Exil. Erst mit der Rückkehr Friedrich
Wilhelms III. 1809 findet wieder ein eingeschränktes höfisches Musikleben statt,
doch die Verhältnisse haben sich geändert. Die Bürgerlichkeit bestimmt während der
Besatzung das kulturelle Leben Berlins. Eine bürgerliche Konzertkultur, autark von
den professionellen vom König subventionierten Musikern, gedieh während der
Absenz des Königs und seiner Hofkapelle. Dieses – im wahrsten Sinne des Wortes –
größtenteils eigenständige Kulturleben der erstarkten bürgerlichen Kreise soll
bestimmend sein für das gesellschaftliche Leben, auch für das höfische, das sich
besonders in Berlin zunehmend bürgerlich gibt, wie schon Goethe bemerkt.
Nun bleibt die Frage, ob dies wirklich eine eigenständige, unabhängige Musikkultur
des erstarkten Bürgertums ist, oder ob diese von einer etwaigen Kulturpolitik seitens
des Preußischen Staates gemaßregelt oder subventioniert wurde. […]
O autorze
Magister der Musikwissenschaft, Neueren Geschichte und Neueren Deutschen Philologie.
Journalist, Autor und Doktorand der Musikwissenschaft bei Prof. Dr. Peter Wicke.