Im Februar 1931 begegnet Paula Ludwig in Berlin ihrer großen Liebe Iwan Goll. Paula vergisst ihren Gefährten, Iwan seine Ehefrau – die beiden bleiben für fast ein Jahrzehnt ein liebendes und miteinander dichtendes Paar.
Im ersten Jahr ihrer Beziehung schreibt Paula Ludwig den Gedichtzyklus «Dem dunklen Gott» (1932). Hier gelingen ihr Gedichte von bildlicher und sprachlicher Schönheit wie vorher und nachher nur selten. Einige, vor allem kürzere, sind unvergesslich. Paula Ludwigs «Jahresgedicht einer Liebe» steht in engem biographischen und literarischen Zusammenhang mit den «Malaiischen Liebesliedern» von Iwan Goll, deren französische Fassungen, die «Chansons Malaises» (1935), ihren Autor weltweit berühmt gemacht haben.
O autorze
Paula Ludwig (1900–1974), aufgewachsen in Vorarlberg, Linz und Schlesien, ging, ledige Mutter ohne Ausbildung, 1918 nach München und 1923 nach Berlin, immer in Künstlerkreisen lebend, gern gesehenes Malmodell, immer von irgendwem unterstützt, von irgendwem flüchtig geliebt, hier und da als Dichterin wahrgenommen. 1934 ging sie nach Tirol, wo ihr jüdischer Freund sie besuchen konnte, 1938 nach Paris, in schwierige Nähe zum Ehepaar Goll. 1940 floh sie über mehrere Stationen nach Brasilien und kehrte 1953 nach Deutschland zurück. Hier lebte sie in bescheidenen Verhältnissen, zuletzt in Darmstadt, von einer kleinen Leser-Gemeinde geliebt und in der literarischen Welt immerhin mitgezählt.
Volker Weidermann ist Literaturkritiker und lebt in Berlin. Er war Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und arbeitet seit 2015 in der Kulturredaktion des Spiegel.