10 Jahre Behindertenrechtskonvention (BRK)
'Inklusion bedeutet, dass kein Mensch ausgeschlossen, ausgegrenzt oder an den Rand gedrängt werden darf. Wir haben alle die gleichen Rechte und den Anspruch darauf, dass der Staat sie umsetzt’, so das Deutsche Institut für Menschenrechte. Die Behindertenrechtskonvention unterstreicht den menschenrechtlichen Status von Inklusion. Menschenrechte gewährleisten den Schutz vor jeglicher Form von Diskriminierung, zum Beispiel aufgrund einer Behinderung, der Hautfarbe, der sozialen, ökonomischen, ethnisch-nationalen Herkunft, der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Orientierung.
Der Inklusionsbegriff bezieht sich also nicht mehr nur auf die Belange von Menschen mit Behinderungen – auch wenn für diese Gruppe die BRK eine besondere Errungenschaft darstellt: Sie hat erfolgreich Rechte und Ansprüche eingefordert, von denen sie lange ausgeschlossen war. Mit dieser erweiterten Perspektive erfährt das Verständnis von 'Behinderung’ einen Paradigmenwechsel: Behinderung ist kein zuschreibbares Merkmal, sondern bezieht sich auf Barrieren – baulich, strukturell und in den Köpfen, durch die gesellschaftliche Teilhabe behindert oder gar versagt wird. 2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Diese Ausgabe von POLITIKUM geht der Frage nach, welche Bilanz sich nach zehn Jahren für Deutschland ziehen lässt.
Inklusion wirft gesellschaftliche Grundfragen auf, die nicht nur politisch, sondern von verschiedensten Akteuren diskutiert und aufgegriffen werden müssen: Wie stellen wir uns ein gleichberechtigtes Leben und Teilhabe aller in einer offenen Gesellschaft vor? Unter welchen Bedingungen wird Inklusion erst möglich? Wann sprechen wir von Exklusion? Was bedeutet das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Die Inklusionsfrage bezieht sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche, auf verfassungsrechtliche Entwicklungen, auf das System sozialer Leistungen, den Arbeitsmarkt, das Zusammenleben in migrationsbedingter Vielfalt, auf den Arbeitsmarkt und natürlich auf das System Bildung sowie die Institution Schule. Dabei sind die Entwicklungen mal fortschrittlich, mal rückläufig, mal widersprüchlich. Inklusion ist nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg.
Spis treści
Schwerpunkt Mittendrin – außen vor
Robert Uerpmann-Wittzack
Der lange Weg der Inklusion ins deutsche Verfassungsrecht
Frank Wießner
Ausgegrenzt und abgehängt
Lock-in-Effekte des deutschen Sozialleistungssystems
Naika Foroutan und Seyran Bostanci
Inklusion in der postmigrantischen Gesellschaft
Gudrun Wansing
Inklusion und Exklusion durch Erwerbsarbeit
Bedeutung (nicht nur) für Menschen mit Behinderung
Toni Simon und Detlef Pech
Partizipation und (schulische) Inklusion
Debatte
Inklusion in der Schule – Stand, Chancen, Hürden
Tanja Sturm
Behinderte Schüler oder behindernde Schule?
Die erziehungswissenschaftliche Perspektive
Sybille Volkholz und Mario Dobe
Niemand ist gegen Inklusion, aber …
Die bildungspolitische Perspektive
Karina Fröhner und Klaus Zierer
10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention
Geschichte, nationaler und internationaler Diskurs
Interview
'Wir haben ein Umsetzungsproblem’
Interview mit dem Aktivisten und Journalisten Raúl Aguayo-Krauthausen
Forum
Thilo Kößler
Geteilte Regierung in einem gespaltenen Land
Die USA nach den Zwischenwahlen
Rezensionen
Bücher zum Thema
Das besondere Buch
Bücher für den Politikunterricht
Literaturtipps
O autorze
Raúl Aguayo-Krauthausen
wurde 1980 in Peru geboren und lebt heute in Berlin. Er studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und Design Thinking und arbeitete als (Netz-) Journalist. Gemeinsam mit weiteren Mitstreiter*innen gründete er SOZIALHELDEN e.V. und Ability Watch e.V. und setzt sich dort als Aktivist, Redner und Berater für Inklusion und Barrierefreiheit ein. Seit 2015 moderiert er in Zusammenarbeit mit Suse Bauer KRAUTHAUSEN – face to face, eine regelmäßige Talksendung zu den Themen Kultur und Inklusion.
Seyran Bostancı
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften – Lehrstuhl für Diversity und Social Conflict – der Humboldt-Universität zu Berlin.
Mario Dobe
ist Leiter der Fachgruppe Inklusion, Demokratiebildung, Initiative sexuelle Vielfalt, Diversity und Gender Mainstreaming in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie in Berlin.
Prof. Dr. Naika Foroutan
ist Direktorin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Karina Fröhner
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Universität Augsburg mit dem Schwerpunkt Basiswissen Inklusion und Sonderpädagogik.
Thilo Kößler
ist seit 2016 USA-Korrespondent des Deutschlandradios mit Sitz in Washington D.C.
Prof. Dr. Detlef Pech
ist Professor für Grundschulpädagogik mit dem Schwerpunkt Lernbereich Sachunterricht und Direktor der Professional School of Education an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Toni Simon
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Prof. Dr. Tanja Sturm
lehrt Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik: Inklusive Bildung an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Prof. Dr. Robert Uerpmann-Wittzack
lehrt Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Universität Regensburg.
Sybille Volkholz
ist Bildungspolitikerin. 1989/90 war sie Senatorin für Schule, Berufsbildung und Sport in Berlin.
Prof. Dr. Gudrun Wansing
lehrt Rehabilitationssoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist Mitglied im Zentrum für Inklusionsforschung Berlin (Zf IB).
Dr. Frank Wießner
ist Professor für Soziologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.
Prof. Dr. Klaus Zierer
ist ist Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg.