Trotz ihres eigenständigen Charakters stand Redaktion I stets im Schatten der ›Großen Drei‹: Allenfalls als Zulieferer von Lesarten für die kritischen Ausgaben nach A, B und C oder als Variablen in diversen Stammbäumen wurden deren Handschriften in der Forschung wahrgenommen. Dabei nimmt I eine zentrale Stellung zwischen nôt- und liet-Fassung ein und beeinflusste auch nachhaltig die Ausformung der Nebenredaktionen des ›Nibelungenlieds‹. Diese Ausgabe bringt erstmals den vollständigen Text von ›Nibelungenlied‹ und ›Klage‹ nach Handschrift I (SB Berlin. Ms. germ. fol. 474) und präsentiert die Bruchstücke der recht eigenständigen Schwesterhandschrift l (UB Basel. Mscr. N I 1 Nr. 99a) in synoptischer Anordnung. Ergänzt wird diese leicht normalisierte Ausgabe um die abweichenden Lesarten und das Zusatzmaterial der Fragmente K, Q, W und Y, lässt die textkritisch wertlose Abschrift h jedoch beiseite.
O autorze
Walter Kofler, geb. 1961, Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Salzburg, Promotion 1993, tätig als Journalist und Öffentlichkeitsarbeiter. Forschungsschwerpunkt: Mittelhochdeutsche Spielmanns- und Heldendichtung (besonders Heldenbücher, Nibelungenlied, Orendel, Ortnit und Wolfdietrich).