August 1862. Im alten Obstgarten vor den Mauern der Kleinstadt Tessen befindet sich eine Pforte zu einer anderen Welt: dem verlorenen Paradies. Hier wohnt die dämonische Lilit, die erste Frau Adams. Unter ihrem Einfluss streben die Frauen der Umgebung nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.
Sélène Marl, genannt Lele, ist die Tochter des örtlichen Textilfabrikanten. Sie liebt die Beschäftigung mit der Chemie und experimentiert heimlich im Alchemistenturm an der oberen Stadtmauer. Ihre Stiefmutter will dieses seltsame Mädchen endlich verheiraten. Doch Lele hat andere Vorstellungen: Wie ihre Mutter Fanny Rotmund, die in Straßburg erfolgreich Farben für die prosperierende chemische Industrie erfindet, will sie selbständig leben.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschten in der chemischen Industrie Aufbruchstimmung. Geniale Erfindungen und systematische Versuche, Glückstreffer und unvorhergesehene Explosionen, Konkurrenz und Neid begleiteten die Erfindung immer neuer Farben: Preußischblau und Malachitgrün, Azofuchsin, Chrysamin. Wem würde es als erstes gelingen, die Königin der Farben, das Indigo, synthetisch herzustellen?
Als Fanny ihrer Tochter das Rezept für die Herstellung dieser Farbe schickt, taucht Adam Klimmisch, Alchemist, selbst ernannter Magier und Fanny Rotmunds ehemaliger Geliebter, wieder in seiner Heimatstadt auf. Er hat von dem Rezept erfahren und will es an sich bringen. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass Lele nicht die fügsame junge Frau ist, die er in ihr sieht, sondern eine ebenbürtige Gegnerin.
Detailgenau recherchiert, mit Ironie und Einfühlung, entfaltet Christiane Wachsmann vor unseren Augen die Welt des 19. Jahrhunderts in der deutschen Provinz: Die wissenschaftlichen Errungenschaften, die Geisterseherei und die Suche nach dem Übernatürlichen, die bürgerlichen Konventionen und Einschränkungen – gegen die die Frauen in dieser Geschichte sich durchaus zu wehren wissen.
Sobre o autor
Christiane Wachsmann, 1960 geboren, studierte Architektur und Design und absolvierte ein Zeitungsvolontariat. Sie arbeitet als Kuratorin im Hf G-Archiv/Museum Ulm. Das literarische Schreiben bietet ihr die Möglichkeit, fremde und vergangene Lebenswelten zu erkunden. Ihre Geschichten zeichnen ein lebendiges Bild der Menschen mit ihren Sehnsüchten, Verletzungen, Träumen und Hoffnungen und den Bedingungen ihres Lebens und Handelns.