Einem antiken, einem mittelalterlichen und selbst einem neuzeitlichen Autor, der sich mit Fragen der Erziehung befasste, wäre es nicht in den Sinn ge kommen, über das Verhältnis von Pädagogik und Ethik nachzudenken und es als problematisch darzustellen. Autoren von PLATON bis HERB ART haben Er ziehung selbstverständlich mit Moral oder Sittlichkeit, der Idee des Guten, den Kardinaltugenden oder einem Ethos verbunden, ohne Reflexionsbedarf für eine pädagogische Ethik zu sehen, die mehr und anderes wäre als die Ab leitung ethischer Sätze für Zwecke und Aufgaben der Erziehung. Mindestens bis HERBART gilt der Satz, dass die Zwecke der Erziehung auch dann ethisch bestimmt sein müssten, wenn eine fertige oder konsensfähige Ethik gar nicht vorliegt. ‘Ethik’ oder ‘praktische Philosophie’ schien unabhängig von ihrer Beschaffenheit oder Qualität der Garant zu sein, über Probleme der Erziehung auf moralisch zulässige oder aussichtsreiche Weise nachdenken zu können. Das scheint sich grundlegend geändert zu haben, betrachtet man Buchti tel, Häufigkeit der Problembenennung oder mit Erziehung und Bildung in Zusammenhang gebrachte Lösungswahrscheinlichkeiten. Dabei spielen oft höchst einfache Annahmen eine Rolle, ohne eine bestimmte philosophische Ethik bemühen zu müssen. Man könnte von einem Assoziations Jeld sprechen, in dem Defizite reflektiert und mit Postulaten der Erziehung verknüpft werden. ‘Erziehung’ ist auf diesem Feld zumeist identisch mit Moralerzeugung; die Idee ist, gesellschaftliche Übel oder individuelle Defizite in moralischen Hin sichten mit neuer und besserer Erziehung bearbeiten zu können.
Tabela de Conteúdo
I. Historische Perspektive.- Erziehung vor der Moralerziehung: Konversation versus Kommunikation.- Innerlichkeit, Moral und Bildung. Die Genese eines pädagogischen Paradigmas bei Klopstock.- Aufklärung und Selbsterlösung: Friedrich Wyss und die weltliche Moralerziehung, 1874–1918.- II. Pädagogik und Ethik.- Glaubensbekenntnisse und Doppelmoral: Einige Verlegenheiten der Pädagogik.- Spannungsfelder der Geschlechtsdifferenz und ihre Bedeutung für das Verhältnis von Pädagogik und Ethik.- Wer hat Angst vor Niklas Luhmann? Er hat doch nur die Wahrheit über die Schule gesagt. — Luhmanns soziologische Erziehungstheorie.- III. Moralentwicklung bei Kindern.- Moralentwicklung und moralische Sozialisation.- Zum Verständnis von Moral — Entwicklungen in der Kindheit.- Wie entwickelt sich moralisches Wollen? — Eine empirische Annäherung.- IV. Vermittlungsprobleme im Unterricht — Jugend heute.- „Richtig für mich“ — Das Problem der Kohärenz in der Belastung von Lehrkräften mit Moral.- Moral im Geschichtsbewusstsein. Theoretische Überlegungen und empirische Befunde als mögliche Anknüpfungspunkte für den Geschichtsunterricht in der Sekundarstufe I.- Was hat e-Learning mit Moral zu tun?.- Die Eigenwelten der Jugendlichen und die Anerkennungskrise der Schule.- V. Moral und Hochbegabung.- Chancen und Gefahren von Begabung und Begabungsförderung. Rede zur 50-Jahr Feier des Evangelischen Studienwerkes Villigst.- Chancen der Begabung und Gefahren der Begabungsförderung: Ein Kommentar.- Replik auf Ursula Hoyningen-Suess’ Kommentar.- Die Autorinnen und Autoren.
Sobre o autor
Dr. Detlef Horster ist Professor für Sozialphilosophie im Fachbereich Erziehungswissenschaften an der Universität Hannover.
Dr. Jürgen Oelkers ist Professor für Allgemeine Pädagogik am Pädagogischen Institut an der Universität Zürich in der Schweiz.