Ziel dieser zweibändigen Darstellung meiner Lektüreerfahrungen mit Marcel Prousts ‘Auf der Suche nach der verlorenen Zeit’ ist es, den Zugang zu einem der wichtigsten und schönsten Romane der Weltliteratur zu erleichtern, Interesse am originalen Text zu wecken und Lust darauf machen, sich (bei Gefallen) diesem zuzu-wenden.
Im Zentrum dieses zweiten Teils steht das Drama von Marcel und Albertine — das Drama einer anfangs bangen, dann zunehmend von Eifersucht und Misstrauen geprägten einseitigen, weil unerwiderten Liebe. Offen bleibt, ob Albertine ihren Freund Marcel eigentlich liebt oder doch eher an Frauen als an Männern interessiert ist. Offen bleibt auch, ob Marcel (der Ich-Erzähler) eigentlich lieben kann oder doch nur einem kindlichen Narzissmus frönt. Seine besitzergreifende Liebe bleibt auch dann unerfüllt, wenn er seinen ‘Besitz’ bei sich wie in einem Vogelkäfig gefangen hält, denn auch ein gefangener Vogel kann irgendwann entfliegen. Genau diese Option wählt Albertine, und es führt zu keinem guten Ende.
Eingerahmt wird dieses Liebes- und Eifersuchtsdrama von dem Band ‘Sodom und Gomorra’, wo Proust die Inversion thematisiert, also die Homosexualität (beider Geschlechter) als Eigentümlichkeit und Leiden einer ‘Rasse, auf der ein Fluch liegt’. Im Band ‘Die wiedergefundenen Zeit’ hat der Autor das Erweckungserlebnis, das ihn davon überzeugt, dass er doch, gegen alle früheren Zweifel, zum Schriftsteller berufen ist und das gewaltige Gebäude seiner Erinnerungen in diesem Roman zur ‘Aufbewahrung und Mitteilung’ bringen kann.
Sobre o autor
Dr. Gerhard Willke, Jahrgang 1945, lebt in Tübingen. Er war Professor für Wirtschaftspolitik am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und an der Hochschule Nürtingen. Veröffentlichungen zu wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Themen bei Campus, Cornelsen und Murmann.