Der vorliegende Band eröffnet die Reihe Chinesische Perspektiven: Philosophie, in der wichtige chinesische Werke der Philosophie erstmals einem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht werden. Er nimmt uns mit auf eine Reise durch die chinesische und europäische Geistesgeschichte, führt uns über den Marktplatz der philosophischen Diskussionen in den Jahrzehnten seit der Öffnung Chinas und bindet uns zurück an das starke und klare klassische Wissen der Antike.
Liu Liqun verfolgt den Ansatz, die Philosophie konsequent zu verwissenschaftlichen. Als Germanist, Semiotiker und Sprachwissenschaftler verfolgt er den konstruktiven Leitgedanken der Klärung philosophischer Begrifflichkeiten durch Monosemierung. Auf Grundlage der Ideen-, Begriffs- und auch Übersetzungsgeschichte der Termini der westlichen Philosophie gelangt Liu so zu faszinierenden Querverbindungen und Perspektiven. Dazu gehören unter anderem:
eine strenge Differenzierung zwischen praktischen Problemen und wissenschaftlichen Fragen;
die Unterteilung der Philosophie in Kern- und Peripherie-Bereiche;
die Dreiteilung des Kerns der Philosophie in Ontologie, Zeichentheorie und Erkenntnistheorie;
die Ontologie als Grundschichtentheorie, die aus Gegenstandswelt, Zeichenwelt, Ideenwelt und Einbildungskraftwelt aufgebaut ist;
die Tatsache, dass die Zeichenwelt größtenteils auf Bezeichnungen beruht und die Prinzipien der Differenzierung und des geringsten Aufwandes ihre Grundprinzipien ausmachen;
der Standpunkt, dass in der Erkenntnistheorie streng zwischen Wahrnehmung und Erkenntnis sowie zwischen Wahrnehmungs- und epistemischen Sub- und Objekten unterschieden werden sollte und dass epistemische Objekte nur Gesetzmäßigkeiten sein können, von denen es wiederum fünf Grundarten gibt.
Geduldig, kundig und klug webt Liu Liqun ein intellektuelles Bild unserer heutigen Welt, aus chinesischen Augen betrachtet, in deutscher Zunge mit chinesischer Mundart.
Sobre o autor
Liu Liqun hat sein akademisches Leben der Verständigung zwischen den Kulturen Deutschlands und Chinas gewidmet. 1954 in Peking geboren, absolvierte er 1981 sein Studium der Germanistik an der Abteilung für westliche Sprachen der Universität Peking. Nach einer Tätigkeit als Lektor forschte er am Europainstitut der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS), bevor er dem Ruf auf eine Professur an der Deutschen Abteilung der Fremdsprachenuniversität Peking (BFSU) folgte. Im Rahmen mehrerer Forschungsaufenthalte verbrachte er mehrere Jahre in Deutschland. Derzeit bekleidet er das Amt des Vizepräsidenten und Generalsekretärs der Gesellschaft für Deutschlandstudien an der Chinese Association for European Studies. Liu ist Autor und Co-Autor mehrerer chinesischer Bücher, darunter Deutschlands Denken und Kultur: Neue Überlegungen und Ideen und Pioniere des chinesisch-westlichen Kulturaustauschs, sowie jeweils Verfasser des Kapitels zum Bereich Gesellschaft der chinesischen Europäischen Entwicklungsberichte in den Jahren 1998 bis 2007. Zudem war er unter anderem an der Übersetzung des Internationalen Soziologenlexikons in zwei Bänden, einer Biografie über die deutschen Kaiser, des Werkes Europäische Integration, Europäisches Regieren und der Philosophie der Weltgeschichte von Hegel sowie an anderen Übersetzungsprojekten beteiligt. Zu seinen veröffentlichten Aufsätzen gehören unter anderem: „Über die korrekte Übersetzung von Ontologie“, „Linguistik sollte Sprach- und Schriftwissenschaft genannt werden“, „Ansatz zum Ziel der gesellschaftlichen Entwicklung und ihrer Implementierungsweise“, „Ideen zu Tradition und Stil der westlichen Wissenschaft – Vergleich der europäischen und anglo-amerikanischen Tradition“, „Analyse des deutsch-französischen Disputs über die Finalität der europäischen Integration“, „Nationale Identität und die europäische Integration“.