Der Herbst 2015 setzte eine Zäsur in Deutschland. Wie kein anderes Ereignis hat die Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge die Solidarbereitschaft vieler Menschen vor Augen geführt – ebenso wie die jahrelange ‘organisierte Nichtverantwortung ‘ der Europäischen Union. Doch spätestens seit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht ist die ‘Willkommenskultur’ hitzigen Debatten und explosiven Stimmungen gewichen. Rechtsradikale Gruppen überall in Europa nutzen die komplizierte Situation, um rückwärtsgewandte und vermeintlich einfache Lösungen anzubieten. Von der Flucht über das Ankommen bis zur gesellschaftlichen Teilhabe ist es ein weiter Weg. Ludger Pries vollzieht in seinem Buch die einzelnen Etappen nach. Dabei hat er die Flüchtlinge als Akteure, die Engagierten in der Zivilbevölkerung sowie die nationalen und europäischen Flüchtlingssysteme im Blick. Die ‘Flüchtlingskrise’ bedeutet eben nicht nur eine Zerreißprobe für Europa, sie birgt auch die Chance, in einer globalisierten Welt ein europäisches Gesellschaftsprojekt zu schärfen. Für die Flüchtlinge und für die in Deutschland bereits lebenden unterschiedlichen Gruppen ist es die historische Gelegenheit, besser in Deutschland, in Europa und bei sich selbst anzukommen.
Tabela de Conteúdo
Inhalt
Einleitung 7
1 Ankommen der Flüchtlinge im ›heißen Herbst‹ 2015 21
1.1 ›Flüchtlingskrise‹ und ›Wunder‹ im September 2015 24
1.2 Wer sind die Flüchtlinge und warum kommen sie? 35
1.3 Wie kommen die Flüchtlinge nach Europa? 47
2 ›Flüchtlingskrise‹ und soziale Bewegung für Flüchtlingsschutz und Asyl 57
2.1 Der Handlungszusammenhang des ›Wunders vom September‹ 58
2.2 Wer hilft und warum? 66
2.3 Zuflucht gewähren und Hilfe ›von unten‹ als globales Phänomen 77
3 Das Ende nationaler Autonomie und die organisierte Nicht-Verantwortung 90
3.1 Flucht- und Asylfragen sind europäisch und global 91
3.2 Schwächen des GEAS und Vielfalt der Rahmenbedingungen in der EU 104
3.3 Organisierte Nicht-Verantwortung in der EU und die Indifferenz anderer Länder 116
4 Ankommen – in Deutschland, in Europa und bei sich selbst 130
4.1 Was bedeutet Ankommen? 131
4.2 Ankommen in der eigenen Geschichte: Flucht, Vertreibung, Gastarbeiter 139
4.3 Ankommen als Eröffnung von Teilhabechancen für alle 154
5 Ankommen und Integration als chancengleiche Teilhabe 168
5.1 Unterschiedliche Modelle der Integration 169
5.2 Anforderungen an gelingende Integration 171
Anmerkungen 183
Literatur 202
Sobre o autor
Ludger Pries ist Senior-Professor und war vormals Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie/Organisation, Migration, Mitbestimmung an der Fakultät für Sozialwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum. Er hatte Forschungs- und Lehraufenthalte in Brasilien, Mexiko, Spanien und den USA. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind (international vergleichende) Organisations- und Arbeitssoziologie, Migrationssoziologie und Transnationalisierungsforschung. Von 2011 bis 2015 war er Mitglied und stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Migration und Integration. Von 2015 bis 2017 Inhaber des Wilhelm-und-Alexander-von-Humboldt-Lehrstuhls an El Colegio de México in Mexiko-Stadt.