Trotz der in den letzten Jahren immer größeren Dominanz des Weltsystemmodells und der Verlagerung des Erkenntnisinteresses auf die Globalisierung der Bildungssysteme sind weiterhin national- und kulturspezifisch erklärbare Unterschiede der Lern- und Lehrkulturen in jedem Land festzustellen.Sotiria Argyrokastriti untersucht in ihrer Arbeit diese im Schulklima und in der Unterrichtspraxis sichtbaren Differenzen deutscher und griechischer Grundschulen. Dabei nutzt sie eine ethnografische Vorgehensweise (im Sinne der dichten Beschreibung), um die Unterschiede zu entdecken, darzulegen und zu interpretieren. Im Mittelpunkt der kulturvergleichenden pädagogischen Aufmerksamkeit stehen – im Sinne Bourdieus – die Habituspraxen und Praxisformen der schulischen Akteure, die Verhaltensmuster im Unterricht sowie die bevorzugten Arbeits- und Unterrichtsformen, die differenzierte Erhebung von schulischen Ritualen, der Einstellungen und Reallagen der Leistungsbeurteilungsformen bei den relevanten Akteuren und die ‘dichte Beschreibung’ der in den Praxisformen sichtbar werdenden Grundorientierungen (Respektkultur versus Verhandlungskultur, Selbsttätigkeit versus Anleitung/Lenkung, national ausgeprägter Unterricht). Als national-kulturell begründbare Besonderheiten zeigen sich u.a. – im Falle Griechenlands – deutliche Bezüge erstens zur Schulstruktur (zeitlich verschobene Selektion im Vergleich zu Deutschland), zweitens zur herausgehobenen Gewichtung der nationalen Geschichte und Kultur sowie drittens zum großen Einfluss der griechisch-orthodoxen Kirche im Bildungssystem.
Sobre o autor
Dr. Sotiria Argyrokastriti, Jahrgang 1978, studierte Germanistik an der Universität Athen und schloss das Ergänzungsstudium ‘Erziehungswissenschaft: Schule und Ausbildung’ an der Universität Hildesheim ab. Sie ist Lehrbeauftragte am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Universität Hildesheim mit den Schwerpunkten Vergleichende Erziehungswissenschaft und Ethnografie.