Der Begriff Lebensraum wird heute nahezu ausschließlich mit der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik assoziiert, er entwickelte sich jedoch bereits im Kontext kolonialer Eroberungen. Eine weltanschauliche Kontinuität anzunehmen liegt nahe. Eindrucksvoll zeigt Ulrike Jureit hingegen anhand eines breiten Spektrums räumlich-politischer Ordnungsentwürfe, dass sowohl Kontinuitäten als auch signifikate Brüche den Weg von der kolonialen Landnahme zur nationalsozialistischen Raumpolitik kennzeichneten.
Der innovative Gehalt dieser Arbeit liegt in der Verschränkung von Theorie-, Akteurs- und Handlungsperspektiven unter Einbeziehung kartographischer Repräsentationen. Das Buch leistet einen bedeutenden Beitrag sowohl zur neueren Raumdiskussion in den Sozialwissenschaften als auch zur Geschichte des Nationalsozialismus.
Tabela de Conteúdo
I ‘Raumbilder sind die Träume der Gesellschaft’. Zur Organisation des Nebeneinanders
II Ordnungen des Raumes: Nationalstaat und Modernisierung
Vom Ort zum Territorium
Verdichtung und Raumschwund
III Entdeckung des kolonialen Raumes
Europäischer Staat und koloniale Landnahme
Von unauffindbaren Bergmassiven und wandernden Wasserfällen: Praktiken kolonialer Grenzziehung
Leerer Raum
IV Lebensraum: Bewegungsgesetze und Bodenhaftung
Biologisierung des Raumes
Kampf um Raum
V Vom Territorium zum Deutschen Raum
Räume des Übergangs: Deutsche Herrschaft in Ober Ost
Völkische Grundrechenarten: Praktiken internationaler Grenzziehung in Oberschlesien nach dem Ersten Weltkrieg
Deutscher Raum: Territoriale Konzepte jenseits des Nationalstaates
Volk ohne Raum: Besichtigung eines klaustrophobischen Lebensgefühls
VI Großraum: Ordnungen nach Rasse und Raum
Homogenisierung des Raumes: Lebensraum als Begriff rassischer Ordnung
Verflechtungen: Der Hitler-Stalin-Pakt – räumlich betrachtet
Blonde Provinzen. Die Eingliederung der Ostgebiete
‘Unsere Grenze ist das Blut’ – Visionen einer Großraumordnung
VII Fazit: Das Ordnen von Räumen
Archivmaterial und Literatur
Bildnachweise
Sobre o autor
Ulrike Jureit, Dr. phil., Historikerin, seit 2000 Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, 1997 Promotion an der Universität Hamburg, 1998 Post-Doktorandin an der Universität Bielefeld; 2000-2004 Leiterin der Ausstellung ‘Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944’.
Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Raum als politischer Ordnungsbegriff, Gewaltforschung, Biographie- und Lebenslaufforschung, Politische Kollektivität, Oral History, Generationenforschung, Erinnerungskultur und Gedächtnisforschung.
Veröffentlichungen u.a.: Generationenforschung, Göttingen 2006; Gefühlte Opfer. Illusionen der Vergangenheitsbewältigung, Stuttgart 2010 (zus. mit Christian Schneider); Postsouveräne Territorialität. Die Europäische Union und ihr Raum, Hamburg 2015 (Hg., mit Nikola Tietze); Umkämpfte Räume. Raumbilder, Ordnungswille und Gewaltmobilisierung, Göttingen 2016 (Hg.).