Wer kennt nicht die berühmten Bilder Rembrandts, Szenen aus der Bibel und dem Alltag, Porträts und Landschaften, die unverwechselbar das Leben im Goldenen Zeitalter der Niederlande widerspiegeln und deuten? Die Autorin folgt in ihrem Roman nicht der gewohnten Methode, das gesamte Leben Rembrandts zu erzählen, sondern fängt wichtige Abschnitte wie in einem Brennspiegel ein: im Tagebuch von Rembrandts jüdischem Freund, dem Diplomaten, Schriftsteller, Drucker und Verleger Manasse ben Israel (1604-1657) von der Portugiesischen Synagoge in Amsterdam. Diese Abschnitte empfangen Motivation und Deutung aus Rembrandts Bildern, die somit ihren besonderen Platz im Leben erhalten, zumal in der Auseinandersetzung mit dem strengen jüdischen Bilderverbot.
Eines Tages steht Manasse be Israel vor der „Nachtwache“ und wird in Zweifel gestürzt, ob die Gesetze des Judentums, in denen es heißt: „Du sollst dir kein Bildnis machen“, zu Recht bestehen. Er beginnt sein Leben und damit seine Wandlung aufzuschreiben. Aus den Aufzeichnungen erleben wir sowohl das Schaffen Rembrandts als auch das Herauswachsen des Weisen der Portugiesischen Synagoge in Amsterdam aus den alten Traditionen, das sie, die Nachbarn Rembrandts, zu treuen, helfenden Freunden werden lässt. Der Titel erschien auch in japanischer Sprache.
LESEPROBE:
In langer Reihe zogen hochbeladene Fuhrwerke in die Markthalle und zu den städtischen Warenlagern. Pferdegetrappel, Peitschenknallen. In malerischer Kleidung die Fuhrknechte. Hatten ihnen die Landsknechte, die weiter östlich, in Deutschland, nun schon seit vielen Jahren, ihr Unwesen trieben, als Vorbild gedient?
Noch malerischer aber wirkten die fremden Kaufleute, die hier und da auftauchten und sich durch ihre lebhaften Reden und Bewegungen auffällig von den schwerfälligen, bedächtigen Holländern unterschieden. Es waren Pelzhändler aus Nowgorod, das am Ende der Welt, kurz vor dem ewigen Eis lag. Sie trugen lange blaue oder rote Gewänder, die mit Pelz verbrämt und mit unzähligen Knöpfen verziert waren.
Dort stolzierten türkische Seidenhändler mit gewaltigen Turbanen und Schnurrbärten, krumme Säbel in den Seidenschärpen und krummgebogene Pantoffeln an den Füßen. Ich sah Gewürzhändler aus unseren brasilianischen Kolonien mit ihren schwarzen und braunen Sklaven. Welch ein Bild! Das war Amsterdam!
Auch Rembrandt schaute sich angeregt um.
„Ein herrliches Bild, nicht wahr? Mir ist es nicht gegeben, solche Bilder zu malen. Leider.
Table of Content
Die Nachtwache
Unerwartete Freundschaft
Saskia van Uijlenburgh
Gerard Dou
Die Anatomie des Dr. Tulp
Der verlorene Sohn und der barmherzige Vater
Geertje Dircx und das zerstörte Bild
La Piedra Gloriosa
Der Mann mit dem Goldhelm
Hendrickje Stoffels
Die Botschaft der Bettler
Unter dem Hammer
Die Staalmeesters
Das letzte Gesicht
About the author
Renate Krüger
Geboren 1934 in Spremberg/Niederlausitz. Seit 1939 in Schwerin ansässig.
Studium der Kunstgeschichte und klassischen Archäologie in Rostock.
Tätigkeit am Staatlichen Museum Schwerin. 1965 Verlust des Arbeitsplatzes aus politischen Gründen, seither freiberuflich als Publizistin und Schriftstellerin tätig:
Sachbücher (Die Kunst der Synagoge 1966, Das Zeitalter der Empfindsamkeit 1972, Biedermeier 1979, Spurensuche in Mecklenburg 1999, Aufbruch aus Mecklenburg. Die Welt der Gertrud von le Fort, 2000),
Belletristik (Licht auf dunklem Grund, Rembrandt-Roman, 1967, Der Tanz von Avignon, Holbein-Roman 1969, Saat und Ernte des Joseph Fabisiak, 1969, Nürnberger Tand 1974, Malt, Hände, malt, Cranach-Roman 1975, Jenseits von Ninive, 1975, Aus Morgen und Abend der Tag, Runge-Roman, 1977, Wolfgang Amadés Erben, 1979, Türme am Horizont, Notke-Roman 1982, Die stumme Braut, 2001, Paradiesgärtlein, 2008),
Jugendbücher (Geisterstunde in Sanssouci, Menzel-Erzählung 1980, Das Männleinlaufen, Alt-Nürnberger Geschichte 1983, Des Königs Musikant, Erzählung über Carl Philipp Emanuel Bach 1985).
Nach 1989 Mitarbeit am Aufbau der parlamentarischen Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern, Archivarbeiten.