Ob Impfdebatte, Corona- oder Klimakrise – viele politische Streitfragen werden heute als Wissenskonflikte verhandelt. Man beschäftigt sich immer weniger mit normativen Aspekten und individuellen Handlungsoptionen, sondern streitet um die überlegenen Erkenntnisse: Wer am genauesten mit den Ergebnissen der Wissenschaft übereinstimmt, so die implizite Annahme, der verfügt damit auch über Lösungen, die dann alternativlos sind.Alexander Bogner untersucht diese Fixierung auf Wissensfragen und ihre Folgen. Dabei wird deutlich, dass diese ‘Epistemisierung des Politischen’ gefährlicher für unsere Demokratie ist als das leicht durchschaubare Spiel mit Fake News und Twitter-Lügen. Die Hochkonjunktur von Verschwörungsideologien und alternativen Fakten, über die alles gesagt zu sein scheint, erscheint unter diesen Vorzeichen in völlig neuem Licht.
Cuprins
1. Einleitung: Triumph des Wissens
Die Feier der epistemischen Tugenden
Revolten gegen die Macht des Wissens
Das Problem
2. Klima, Corona & Co: Streit ums bessere Wissen
Die Coronakrise
Der Klimastreit
Die Impfkontroverse
Die Kriminalitätsdebatte
3. Liberale Demokratie: die Diktatur der Dummen?
Post- und Pseudodemokratie
Wie viel Ignoranz verträgt die Demokratie?
Die Rettung der Politik vor ihrer eigenen Inkompetenz
Wahrheit als notwendige Fiktion
4. Noch mehr Demokratie wagen?
Epistemischer Populismus
Den Dingen eine Stimme geben
Die Grenzen epistemischer Demokratie
5. Das Elend der Kritik: Experten und Intellektuelle 81
Feindbild Experte 82
Post-Wahrheit: ein Triumph der Demokratie?
Die Geburt des Intellektuellen aus der Krise der Experten
Intellektuelle, die Opfer der Wissensgesellschaft
6. Der Aufstand der Ignoranten
Die unheilige Allianz der Konsensleugner
Die Wiederverrätselung der Welt durch die Wissenschaft
Die große Enträtselungsoffensive
Die Politik vor der Wissenschaft retten
7. Eine abschließende Kritik der Epistemokratie
Anmerkungen
Zum Autor
Despre autor
Alexander Bogner, geb. 1969, ist Privatdozent für Soziologie in Wien und Senior Scientist am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Von 2017 bis 2019 war er Professor für Soziologie an der Universität Innsbruck. Er ist Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie.