Sexuelle Gewalt, so wie sie heute verstanden wird, hat es keineswegs schon immer gegeben; sie ist vielmehr ein historisches und damit ein wandelbares Phänomen. Wie sexuelle Gewalt zu dem wurde, was sie heute in der Regel ist – nämlich ultimative Grenzüberschreitung -, erklärt dieses Buch am Beispiel des ausgehenden Zarenreichs. Anhand von Gerichtsakten, Romanen, forensischen Gutachten und Artikeln aus der Boulevardpresse entwirft die Autorin ein lebendiges Panorama der städtischen Gesellschaft Russlands um 1900. Das mikrogeschichtlich orientierte Buch analysiert moderne Entwicklungen der Wahrnehmung sexueller Gewalt, etwa die Entstehung des ‘pädophilen Typus’, aber auch russische Besonderheiten, zum Beispiel die ‘Epidemie ‘ sexueller Gewalt, die das Zarenreich um 1905 in Atem hielt.
Cuprins
Inhalt
Einleitung………………………………………………………………………… 7 Spurensicherung – Sexuelle Gewalt in der Forschung ……………… 14 Vergangenheit hören………………………………………………………… 24 Vergangenheit als fremdes Land? ………………………………………… 32 Vergangenheit schreiben …………………………………………………… 36
1. Ein geheimnisvoller Selbstmord: Der Fall Elizaveta Ceremnova 1882–1887 in Moskau ………. 44 Sexuelle Gewalt im russischen Recht …………………………………… 52 Der Weg durch die Instanzen…………………………………………….. 59 Theater und Hotel Ermitaz: Keine Orte für anständige Frauen….. 66 Selbstmord als Ausdruck des Ichs ……………………………………….. 81 Individuum und Recht …………………………………………………….. 87
2. An einem Sonntag im August: Der Fall Sarra Bekker und die Bedeutung des Hymens, 1883–1885 ………………….. 100 Geschichten fur den Boulevard ………………………………………….. 108 Wer ist schuld – »Mironovic oder Semenova«? ………………………. 118 Wie viel Sexualität hat ein Kind? ………………………………………… 133 Die Gerichtsmedizin als objektiv(ierend)e Wissenschaft…………… 139
3. Der geschändete Körper als nationales Politikum: Der Fall Marija Spiridonova 1906 ………………………………….. 166 Die Revolution von 1905 und (sexuelle) Gewalt ……………………. 172 Spiridonovas Brief …………………………………………………………… 181 Eine von uns ………………………………………………………………….. 189 Ikonographien sexueller Gewalt …………………………………………. 193
4. Französische Sitten in der russischen Hauptstadt? Sexuelle Gewalt an Kindern um 1908 …………………………….. 209 Der Umgang mit den Opfern…………………………………………….. 214 Kinderprostitution ………………………………………………………….. 224 Selbstmord…………………………………………………………………….. 239 Pornographie und die Ligen der freien Liebe…………………………. 250
5. Väter der Dekadenz: Die Wahrnehmung der Täter nach 1907 ……………………………………………………………………. 259 Djulu: Held oder Simulant? ………………………………………………. 262 Was ist das nur für ein Mensch? Psychologien pädophiler Täter…. 271 Djulus Erben – eine privilegierte Gesellschaft………………………… 286 Der feine Unterschied – sexueller Missbrauch in den städtischen Unterschichten……………………………………………………………….. 295 Ganz wie im alten Rom – Dekadenz um 1910 ………………………. 304
Schluss: Remember the future, imagine the past ………………….. 312
Quellen und Literatur……………………………………………………….. 329
Lasst hundert Blumen blühen… ………………………………………… 357
Despre autor
Alexandra Oberländer, Dr. phil., ist assoziierte Wissenschaftlerin an der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen und lehrt an der HU Berlin.