Wie die Zeit vergeht? Nur ein dunkles Rätsel, an dem sich schon große Geister die Zähne ausgebissen haben – und an dem man sich gar nicht versuchen sollte?.
Oder eine Erfahrung ganz unterschiedlicher Qualität: Wie die Zeit vergeht – das erfährt man, je nach Umstand, jedenfalls immer anders: Zeit kann verfliegen, gedrängt oder intensiv sein und sich kurzweilig zeigen. Oder sich zäh dahinschleppen, einfach nicht vorbeigehen, lähmend. Zeit ist so vielfältig, hat so verschiedene Farben und Facetten wie die Erfahrungen, die wir im Leben machen.
Wie die Zeit vergeht, das merkt man daran, dass alles ein Anfang und ein Ende hat. Es gibt Momente, die herausragen aus dem Fluss der Zeit und die besonders sind. Und die die Erfahrung des ‘schon wieder’ – dass vieles sich wiederholt. Oder an Zeiten ‘wie nie zuvor’: wenn sich Neues ereignet und die Ereignisse sich überschlagen.
Es gibt eine Zeit der Erwartung. Und eine Zeit des Rückblicks, der Bilanz. Und die Frage, im Blick auf das Ende meiner Lebenszeit: Wieviel Zeit habe ich eigentlich noch?
Alles hat seine Zeit. Dass Zeit vergeht, das merkt man auf jeden Fall eigenen Leben. Beim Blick in den Spiegel oder beim Betrachten der Fotos der eigenen Kinder, die inzwischen erwachsen sind.
Kann man Zeit anhalten? Kommt nicht immer neue Zeit nach? Erleben Kinder die Zeit anders als alte Menschen, oder als Menschen, die mitten im Leben stehen?
Was sind solche Gelegenheiten, über die Zeit nachzudenken: ein Geburtstag – eine ritualisierte Form, die Zeit anzuhalten? Ganz bewusst erlebte Augenblicke, einschneidende Stationen auf dem Lebensweg, die einen quasi aus der Zeit entheben? Gibt es Ewigkeitsmomente, man gerne festhalten will? Gibt es, mitten in der Zeit, eine Tür in die Zeitlosigkeit – wenn wir meditieren zum Beispiel? Oder steht am Ende immer die Erfahrung, dass wir letztlich der Zeitlichkeit nicht entkommen: Nicht die Zeit vergeht, sondern wir? Und wie damit umgehen?
Zeit ist Leben. Sie wird gestaltet, erlebt, erlitten, gedeutet als gute oder schlechte Zeit. Die Frage, wie die Zeit vergeht, kann dazu verhelfen, bewusster zu leben. Dazu wollen die Beiträge dieses Heftes anregen. Und daher immer wieder die entscheidene Frage: Endlich leben – wie geht das?
Mit Texten von Anselm Grün, Susanne Niemeyer, Irmtraud Tarr, Jonas Geissler, Verena Kast, Sebastian Herrmann u.a.
Despre autor
Rudolf Walter, Dr. phil., Dipl. theol., war lange Jahre Cheflektor beim Verlag Herder in Freiburg. Er ist Herausgeber des Monatsbriefs „einfach leben“ von Anselm Grün und von zahlreichen Büchern.