Experimentelle Texte über Holocaust und Nationalsozialismus fallen durch ein Forschungsraster. Durch ihre sperrige Form entziehen sie sich den Kategorien der
memory studies – wegen ihrer brisanten Thematik sind sie ungeeignet für das rein formale Erkenntnisinteresse der klassischen Narratologie. Getragen von der Idee, dass Erzählformen selbst
erzählen, verfolgt diese Untersuchung zwei Ziele. Zunächst wird eine allgemeine Typologie experimentellen Erzählens entworfen. Darauf folgen Analysen von Erzähltexten der Gegenwartsliteratur:
Heldenfriedhof von Thomas Harlan,
Morbus Kitahara von Christoph Ransmayr,
Nahe Jedenew von Kevin Vennemann,
Harlem Holocaust von Maxim Biller und
Frühling von Thomas Lehr. Im Mittelpunkt stehen dabei die Funktionen experimentellen Erzählens mit Blick auf den ‚Undarstellbarkeitstopos‘ in seinen verschiedenen Variationen.
Cuprins
Einleitung.- Referenz und Experiment: Eine Typologie.- Litanei der Fassungslosigkeit: Experimentelles Erzählen in Thomas Harlans Heldenfriedhof als literarische Antwort auf Lyotards Darstellungsgebot.- Defamiliarization und Ästhetisierung: Der ‚erhabene‘ Holocaust und das kontrafaktische Experiment in Christoph Ransmayrs Morbus Kitahara.- Identitätspolitische Darstellungslimitationen: Die Frage nach der Legitimation in den Romanen Harlem Holocaust von Maxim Biller und Nahe Jedenew von Kevin Vennemann.- Die ‚Sujetisierung‘ des Holocaust: Thomas Lehrs Frühling.- Experimentelle Form und Ethik: Schlussbetrachtungen.
Despre autor
Daniela Henke hat im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs ‘Faktuales und fiktionales Erzählen’ in Freiburg i.Br. promoviert. Derzeit bereitet sie als STAY-Stipendiatin eine Studie über die jüdische Intellektuelle und Romantikerin Rahel Levin Varnhagen (1771-1833) vor.