»For some reason, I have always been interested in the stories of people who are exiled and who are deprived of rights. My main motive to make a film is to keep the society in mind and the hospitality adhered.«
Claire Denis
Sie gilt als Grande Dame des französischen Kinos: Claire Denis erzählt visuelle Geschichten durch Gesten, Blicke, betonte Körperlichkeit in einer eigenwilligen, auf dem Nebeneinanderstellen von Bildern basierenden Erzählweise. Sie führt ihre Zuschauer*innen auf die verschlungenen Wege des Lebens – mal ein Ziel vor Augen, mal ziellos umherstreifend. Und sie erforscht, was die Welt ihrer Figuren zusammenhält: Gewalt und Leidenschaft, Traum und Erinnerung, Alltag und Routine, Fremdheit und Zärtlichkeit.
Denis’ gefeiertes Debüt Chocolat (1988) visualisiert die Erfahrung von Fremdheit – ein Motiv, das sich durch ihr gesamtes Œuvre zieht. Die Autor*innen in diesem Band richten ihren Blick auf die verschiedenen Facetten dieses Motivs und analysieren die Grenzziehung zwischen Eigenem und Fremdem inmitten einer postkolonialen Welt. Ebenso charakteristisch ist das Thema der Inszenierung von Körperlichkeit: Denis’ Figuren agieren nicht als Individuen, sondern werden zu (Fremd-)Körpern, die auf ihre Umwelt reagieren, was sich als exzessiv körperliche, ritualisierte und dabei sinnentleerte Tanzchoreografie in Der Fremdenlegionär (1999) zeigt. In ihrem kannibalistischen Horrorfilm Trouble Every Day (2001) lotet sie das Feld zwischen Gewalt und Sinnlichkeit, Trieb und Liebe aus und erzeugt eine kaum zu ertragende Intimität.
Mit Beiträgen von Lutz Goetzmann, Andreas Hamburger, Andreas Jacke, Lioba Schlösser, Gerhard Schneider, Dietrich Stern, Marcus Stiglegger, Timo Storck, Marie-Luise Waldhausen, Christoph E. Walker und Sabine Wollnik
Cuprins
Und die Psychoanalyse?
Zur atopischen Position in den Filmen von Claire Denis
Gerhard Schneider
Die Haut des Films
Das sinnliche Erfahrungskino von Claire Denis
Marcus Stiglegger (Mitarbeit: Johannes Schiller)
Chocolat (1988) im (post-)kolonialen Blick
Sabine Wollnik
Diesseits von Afrika
Claire Denis’ Beau travail (1999)
Andreas Hamburger
Vom Tabu der Berührung
Claire Denis’ Trouble Every Day (2001)
Andreas Jacke
Der Ausgedehnte und der verklärte Leib
Claire Denis‘ L’Intrus (2004)
Lutz Goetzmann
Weichen
Spätstadien des Ödipuskonfliktes und die enthaltende Funktion in Claire Denis’ 35 Rum (2008)
Timo Storck
Die feministische Arbeit an der Negativität des Krieges
Claire Denis’ White Material (2009)
Andreas Jacke
Disruption und Komposition
Fragmente zur »Screen Violence« in Claire Denis’ Les Salauds (2013)
Timo Storck
Single-Dasein im Großstadt-Dschungel: Auf der Suche nach dem richtigen Mann
Filmpsychoanalytische Überlegungen zu Meine schöne innere Sonne – Isabelle und ihre Liebhaber (2017) von Claire Denis
Marie-Luise Waldhausen & Christoph E. Walker
Gefangen in Raum und Zeit
Zum Motiv des Recyclings in Claire Denis’ High Life (2018)
Lioba Schlösser
Die Verwirrung der Gefühle
Claire Denis’ Avec amour et acharnement (2022)
Andreas Jacke
Bewegung oder Stillstand
Ein Hör-Spaziergang durch einige Filme von Claire Denis
Dietrich Stern
Danksagung
Herausgeberin und Herausgeber