Die Arbeit analysiert zentrale deutschsprachige Romane der Gegenwart im Hinblick auf ihr Verhältnis zur Vernunft. Autorinnen und Autoren wie Daniel Kehlmann und Sibylle Lewitscharoff, Thomas Glavinic und Thomas Lehr, Terézia Mora und Ernst-Wilhelm Händler, Christoph Ransmayr und Raoul Schrott, Michael Köhlmeier und Marcel Beyer greifen mit ihren Texten die vielfältigen Vernunft-Diskurse des 20. Jahrhunderts auf und führen diese mit den Mitteln fiktionalen Erzählens fort. Anders als in der Philosophie gilt ihnen die Einsicht in die Grenzen der Vernunft nicht als Ergebnis abermaliger vernünftiger Reflexion, sondern als eine ästhetische Wirkung des literarischen Kunstwerks. Dieser Anspruch, der nur graduell realisierbar ist, verbindet deutschsprachige Gegenwartsromane mit vielfältigen Traditionen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert.
Cuprins
Dank.- Einleitung: Was will der Roman der Gegenwart?.- I. Voraussetzungen literarischer Vernunftkritik: Philosophische Vernunftkritik und ihre Aporien.- 1. Vorgeschichte der Vernunftkritik.- 2. Horkheimer/Adorno: Vernunft- als Aufklärungskritik.- 3. Heideggers Fundamentalontologie als Metaphysikkritik.- 4. Gadamers Hermeneutik (und ihre Kontinuitäten).- 5. Blumenbergs Metaphorologie als ›Höhlenausgang‹.- 6. Vernunftkritik in Sprachphilosophie und Konstruktivismus.- 7. Die ›andere‹ Vernunft in Poststrukturalismus und ›Postmoderne‹.- 8. Diskursivierung, Pluralisierung und Ästhetisierung als ›Rettung‹ von Rationalität: Habermas, Davidson, Seel.- 9. Rational – irrational – nicht-rational: Vernunftkritik in der literarischen Kommunikation der Gegenwart.- II. Systematik literarischer Vernunftkritik.- 1. Erzähltheorie als ›Logik der Dichtung‹.- 2. Fiktionalität und Vernunftkritik.- 3. Unzuverlässiges Erzählen, Fokalisierung und Multiperspektivität.- 4. Fantastisches Erzählen.- 5. Unnatürliches und metaleptisches Erzählen.- III. Formen literarischer Vernunftkritik.- 1. Gelehrtenromane und die Grenzen der Vernunft.- 2. Postapokalytische Romane und die literarische ›Zeitigung der Zeitlichkeit‹.- 3. Gesellschaftsromane und die Kritik der ökonomischen Vernunft.- 4. Erinnerungsromane und die Kritik der historiografischen Vernunft.- 5. Reiseromane und die Kritik der ›kartografischen Vernunft‹.- Schluss: Literarische Vernunftkritik und ihre Aporien.- Anhang.
Despre autor
Leonhard Herrmann ist Privatdozent für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Allgemeine Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik der Universität Leipzig.