Das La Salle-Quartett wurde 1947 an der Juilliard School in New York gegründet und hat bis 1987 konzertiert. Seit seiner Gründung hat es sich durch seinen Einsatz für die Musik des 20. Jahrhunderts – allem voran die Neue Wiener Schule – einen Namen gemacht. Sein Einsatz galt aber genauso der Musik der unmittelbaren Gegenwart. Mit nie nachlassender Neugier und Energie widmete es sich zudem unbekanntem oder vernachlässigtem Repertoire. So hat es durch seine Aufführung und Schallplattenaufnahme der vier Streichquartette Alexander Zemlinskys wesentlich zur Renaissance dieses vom Nazi-Regime verpönten Komponisten beigetragen. Bahnbrechend für die Entwicklung der Streichquartett-Literatur waren jedoch die Kompositionsaufträge an die jungen Komponisten der Nachkriegszeit. Daraus entstand eine ganze Reihe von Werken, die das La Salle-Quartett uraufgeführt hat. Das Streichquartett von Witold Lutoslawski (1964), das zweite Streichquartett von György Ligeti (1968) sowie ‘Fragmente – Stille, An Diotima’ von Luigi Nono (1980) sind inzwischen als Klassiker in die Streichquartett-Literatur eingegangen. Das La Salle-Quartett zeichnete sich durch seinen fanatischen Respekt vor dem Notentext, seine große rhythmische Intensität und rhetorische Expressivität sowie seinen transparenten Klang aus.
Obschon in Cincinnati ansässig, war das La Salle-Quartett zutiefst europäisch geprägt: Drei seiner vier langjährigen Mitglieder waren deutsche Emigranten, die auf zum Teil abenteuerliche Weise den Weg nach Amerika gefunden haben. So auch Walter Levin (1924-2017), der Primarius, mit dem diese Gespräche stattfanden. Er ist mit seiner Familie im Dezember 1938 nach Palästina ausgewandert, wo er sieben äußerst fruchtbare und prägende Jahre des Unterrichts mit erstklassigen Lehrern verbrachte. Im Dezember 1945 reiste Walter Levin nach New York, um an der Juilliard School of Music zu studieren und seinen Traum zu verwirklichen: die Gründung eines eigenen Streichquartetts.
Im Gespräch zeichnet Walter Levin die verschiedenen Einflüsse nach, die ihn und seine Kollegen geprägt haben. Er schildert die Entwicklung und Arbeitsweise des La Salle Quartetts, die Zusammenarbeit mit Schallplattenfirmen, die Lehrtätigkeit und wie das Repertoire schrittweise aufgebaut wurde. Die Diskussion spezifischer Interpretationsprobleme ist aufschlussreich für die Denkweise Walter Levins und des La Salle-Quartetts.
Zur Illustration sind ausgewählte Beispiele auf der dem Buch beigefügten mp3-CD zu hören. Die CD beinhaltet ebenso Original-Beispiele wie Ganzversionen von Auftragswerken.
Cuprins
– Vorwort
– Walter Levins Jugend- und Ausbildungsjahre
– Die Mitglieder des La Salle-Quartetts
– Die Geschichte des La Salle-Quartetts
– Die Arbeitsweise des La Salle-Quartetts
– Die Instrumente
– Schallplattenfirmen
– Die Lehrtätigkeit
– Aufbau des Repertoires und Vorlieben
– Alexander Zemlinsky (1871–1942)
– Auftragswerke und Uraufführungen
– Weitere Komponisten des 20. Jahrhunderts
– Amerikanische Komponisten
– Fragen zur musikalischen Interpretation
– Nachwort: Das Gewissen des Streichquartetts (von Werner Grünzweig)
Anhang: I. Repertoire des La Salle-Quartetts, II. Aufführungshäufigkeit nach Komponisten, III. Aufführungshäufigkeit nach Werken, IV. Liste der Auftragswerke und Uraufführungen, V. Diskografie des La Salle-Quartetts, VI. Vortrag von Walter Levin ‘Wie man ein Stück wählt’
– Bildnachweis
– CD-Trackliste
– Register
Despre autor
Robert Spruytenburg, geb. 1949 in Amsterdam, promovierter Chemieingenieur (ETH Zürich) und in der Baseler chemischen Industrie tätig. Er interessierte sich früh für musikalische Formen und Strukturen und wurde während der Studienzeit in seinem Musikverständnis entscheidend durch die Schriften von Charles Rosen geprägt. 1988 lernte er Walter Levin, den Primarius des La Salle-Quartetts, kennen und nahm seitdem regelmäßig als Hörer an dessen Kammermusik-Kursen teil. Seit 2003 hat er sich intensiv mit dem Archiv des La Salle- Quartetts in der Paul Sacher Stiftung in Basel befasst. Er hat bei Radio Suisse Romande mehrfach an Sendungen mit Schallplattenvergleichen teilgenommen und dort auch zwei eigene, fünfteilige Sendungen veranstaltet (2006, 2009).