Zur Veränderung von Traumwissenschaft und Traumkunst seit 1950 angesichts der Verwissenschaftlichung von Traum und Virtual Reality: das träumende Selbst zwischen Individuum und Kollektiv
Stand im Zentrum der Psychoanalyse seit Beginn des 20. Jahrhunderts die sprachlich vermittelte Deutung individueller Träume, so tritt in den Schlaflaboren der Neurowissenschaften, aber auch in den Traumstatistiken der experimentellen Psychologie das Interesse am individuellen Traum deutlich zurück. Seit dem Aufkommen hochimmersiver Medien wie Computerspielen und Virtual Reality können technisch erzeugte alternative Welten zugleich mit ähnlicher Intensität erlebt werden wie Träume. In dieser neuen Konstellation setzt sich der produktive Austauschprozess zwischen Wissenschaften und Künsten fort, wie er in den ersten beiden Bänden dieser Reihe unter dem Titel »Das nächtliche Selbst« für das »Jahrhundert der Psychologie« (1850–1950) beschrieben wurde. Dabei lässt sich in theoretischen Ansätzen, vor allem in Literatur und Film, in Videoinstallationen und VR-Anwendungen beobachten, dass nun zunehmend auch überindividuelle und kollektive Aspekte des Traums in den Blick rücken. Die Traumkultur der Gegenwart scheint so im Zeichen einer Verschiebung vom nächtlichen Selbst zum nächtlichen Wir zu stehen.
Die Traumkultur der Gegenwart scheint so im Zeichen einer Verschiebung vom nächtlichen Selbst zum nächtlichen Wir zu stehen.
Об авторе
Kerstin Thomas ist Professorin für die Kunst der Moderne an der
Universität Stuttgart.