Die Transformation der Antike ist auf vielfältige Weise mit dem Vorgang der Übersetzung verknüpft. Handgreiflich wird der Zusammenhang von Übersetzung und Transformation bei textbasierten Disziplinen, die von Übersetzungen antiker Texten abhängig sind und bei denen wesentliche Neuerungen erst durch solche Übersetzungen initiiert werden. Allgemein ist Übersetzung auf zweifache Weise mit der Transformation der Antike verknüpft: Erstens stellen Übersetzungen einzelner Werke fest umrissene Transformationsleistungen dar, die sich als exemplarischer Untersuchungsgegenstand anbieten, um allgemeine Modi und Gesetzmäßigkeiten für die Transformation der Antike zu untersuchen. Zweitens stellen Übersetzungen die Grundlage und oftmals auch den Auslöser für konkrete Transformationsprozesse dar, so dass die Analyse der betreffenden Transformationen nur in Abhängigkeit von den relevanten Übersetzungen erfolgen kann.
Zu beachten ist nun, dass der Übersetzungsbegriff einerseits nicht auf Text-zu-Text-Übersetzungen verengt und andererseits nicht so erweitert wird, dass er mit allen Transformations- und Transfervorgängen gleichbedeutend wird. Die Untersuchung von Übersetzungen antiker Texte als spezifischer Transformationen antiker Wissenssysteme muss daher in wesentlichen Hinsichten ergänzt werden. So zeigt das Gedankenexperiment der sogenannten ‚radikalen Übersetzung‘, dass die Probleme der Text-zu-Text-Übersetzung vor dem Hintergrund einer umfassenderen Problematik zu sehen sind, die durch die Ausweitung des Übersetzungsbegriffs auf das Verstehen als Übersetzung zwischen Begriffssystemen verständlich wird.
Содержание
Klaus Reichert: Das Fremde als das Eigene. Übersetzung als Transformation und Selbstsetzung; Hellmut Flashar: Transformation der Transformation — Übersetzungen antiker Dramen auf der Bühne; Josefine Kitzbichler: Nach dem Wort, nach dem Sinn. Duale Übersetzungstypologien; Nina Mindt: Die optimale Transformation (der Antike). Ein Überblicksversuch über die Übersetzungsdiskussion in der Gegenwart; Paul Botley: Fifteenth-Century Translators on their Art: Leonardo Bruni and Giannozzo Manet; Jan-Dirk Müller: Übersetzung in der Frühen Neuzeit. Zwischen Perfektionsideal und einzelsprachlicher Differenzierung; Timo Günther: Archaische Übertragungen — Rudolf Borchardt und Botho Strauß; Julia Weitbrecht: Übersetzung in neue Sinnzusammenhänge. Konversion in Pseudoklementinen und Kaiserchronik; Sebastian Möckel: Zwischen Muster und Anverwandlung. Übersetzungen des antiken Liebesromans in der Frühen Neuzeit; Tilmann Borsche: Epochaler Bedeutungswandel in Grundbegriffen; Klaus Corcilius: Wann ist eine Übersetzung besser als die andere?; Alain Schnapp: Ruinen als Darstellung der Gesellschaften zwischen Morgenland und Abendland; Pascal Weitmann: Vom römischen Sarkophag zum romanischen Portal. Der Jagdsarkophag von St.-Loudre zu Déols und das Portaltympanon von St.-Ursin zu Bourges; Annette Dorgerloh: „Antik gelebt, antik begraben“. Hermann Fürst von Pückler-Muskau und seine Erinnerungslandschaften in Muskau und Branitz; Michael Niedermeier: Von der Schrift in die Landschaft: Die Isis-Initiation des Apuleius in der Mystischen Partie des Wörlitzer Gartens; Jürgen Renn / Peter Damerow: Mentale Modelle als kognitive Instrumente der Transformation von technischem Wissen; Matteo Valleriani: From Condensation to Compression: How Renaissance Italian Engineers Approached Hero’s Pneumatics; Malcolm D. Hyman: Semantic Networks: A Tool for Investigating Conceptual Change and Knowledge Transfer in the History of Science; Anne Eusterschulte: Deutsche Übersetzungen aristotelischer Schriften im 18. Jahrhundert. Die Rezeption der Praktischen Philosophie; Luca Giuliani: Die unmöglichen Bilder des Philostrat: Ein antiker Beitrag zur Paragone-Debatte?; Esther Sophia Sünderhauf: Von der Wahrnehmung zur Beschreibung. Johann Fichards Italia (1536/1537); Frank Fehrenbach: Nymph and Corpuscle. Transformations of the Aqua Virgo; Anna Schreurs: Die Götterbilder des Vincenzo Cartari in der Darstellung von Joachim von Sandrart
Об авторе
Hartmut Böhme, Christof Rapp und Wolfgang Rösler, Humboldt-Universität zu Berlin.