Die Reformation, ein historischer Prozess, der auf eine umfassende kirchlich-theologische Erneuerung zielte und zugleich tiefgreifende Wirkungen in Kultur, Gesellschaft und Politik hervorbrachte, war für Europa ein einschneidendes Ereignis. Als ausschlaggebendes Datum gilt das Jahr 1517, in dem mit der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers nicht nur das Nachdenken über zentrale theologische Fragen, sondern auch der Ruf nach Erneuerung von Kirche und Gesellschaft neue, kraftvolle Impulse erhielt. Dem standen gesellschaftliche und politische Entwicklungen sowie weitere reformatorische Ansätze in Europa zur Seite, die mit der 1517 von Wittenberg ausgehenden Bewegung in Interaktion traten. Für die Reformatoren war die konsequente Orientierung an den Ausschließlichkeit beanspruchenden Grundsätzen ‘sola scriptura’, ‘solus Christus’, ‘sola gratia’ und ‘sola fide’ leitend, was sich in Glauben und Lehre, Frömmigkeit und Ritus niederschlug und zugleich das Leben des Einzelnen und der Gesellschaft tiefgreifend veränderte. Das Buch versucht, die Prozesse der Etablierung und Entfaltung der Reformation im Spannungsfeld der politischen Entwicklungen in Europa nachzuzeichnen. Ein kurzer Blick auf die spätmittelalterlichen Strukturen in Politik, Gesellschaft und kirchlichem Leben dient dazu, das Substrat zu skizzieren, auf dem sich die Reformation entfaltete und von dem sie sich abgrenzte. Nicht nur Wittenberg und die von dort ausgehende Reformation kommt zu Sprache, sondern auch weitere reformatorische Zentren und ihre herausragenden Akteure, deren Ausstrahlung nicht nur den Westen, sondern auch den Osten Europas erreichte.
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Prof. Dr. phil. theol. habil. Irene Dingel ist Direktorin des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte, Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte, Mainz.