Die Familie Burnell – Großmutter, Eltern, Tante, drei kleine Mädchen – zieht aus Wellington in ein Landhaus, vor dem eine große Aloe wächst. Der lange Blütentrieb dieser geheimnisvollen Pflanze, die nur »alle hundert Jahre einmal blüht«, nimmt für die neuen Bewohner unterschiedliche Bedeutungen an: Für die Kinder symbolisiert sie die Fremdheit der neuen Umgebung, für die Großmutter ist sie ein gutes Omen und für die kränkliche Mutter wird sie eines Nachts zum Segelschiff, mit dem sie sich fortträumt von ihrem präpotenten Mann und den Belastungen des Familienlebens.
Katherine Mansfield beleuchtet die Konflikte des komplexen Familiengespinsts aus mehreren Perspektiven und gibt gerade den schwächsten Familienmitgliedern eine eigene Stimme. All dies wird in einer Art literarischem Tachismus erzählt, der die Tradition der Short Story im englischen Sprachraum maßgeblich beeinflusste und ihr
zugleich zu einzigartigem Glanz verhalf.
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Katherine Mansfield wurde 1888 in Wellington, Neuseeland, geboren und starb 1923 in Fontainebleau an Lungentuberkulose. Seit 1908 lebte sie in London, wo sie, unter anderem angeregt von der Lektüre Anton Tschechows, kurze Erzählungen zu schreiben begann. Ihr turbulentes Leben und Lieben führte zu mehreren existenziellen Krisen, u. a. wurde sie von ihren Eltern enterbt. Während eines längeren Aufenthalts in Bad Wörishofen entstand ihr erstes Buch In einer deutschen
Pension (1911), das ein vernichtendes Bild der deutschen Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg zeichnet. Als ihr Bruder, kurz nachdem er sie in London besucht hatte, 1915 in Frankreich fiel, zog sie sich an die provenzalische Küste nach Bandol zurück, entschlossen, sich literarisch nur noch mit Erinnerungen aus ihrer neuseeländischen Heimat zu befassen. Das erste Werk, das entstand, war Die Aloe.