Mehrfach hat Thomas Mann Gutachten zu unterschiedlichen Themen verfasst und stand für »Streitfrage[n] literarischen Wesens« bereitwillig als Sachverständiger zur Verfügung. In diesem Fall handelte es sich um einen Gerichtsprozess des früheren Kaisers Wilhelm II. gegen den Verlag J. G. Cotta; der Gegenstand: ›Gedanken und Erinnerungen‹ Otto von Bismarcks (Band 3) und die Frage, ob das Persönlichkeitsrecht Wilhelms auf Grund darin enthaltener Äußerungen und Briefauszüge verletzt werde. Gemäß der Maxime »In musischer Sphäre […] ist der Gedanke von der Form nicht zu unterscheiden; sie sind nicht zweierlei, sie sind eins« macht sich Mann auch hier für die Unantastbarkeit und Legitimität künstlerischer Produkte stark. Das Plädoyer, mit dem er die Niederlage des Verlags allerdings nicht verhindern konnte, wurde im Berliner Tageblatt vom 3. Juni 1921 abgedruckt und in den Essayband ›Reden und Aufsätze‹ (1922) aufgenommen.
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Thomas Mann, 1875–1955, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Mit ihm erreichte der moderne deutsche Roman den Anschluss an die Weltliteratur. Manns vielschichtiges Werk hat eine weltweit kaum zu übertreffende positive Resonanz gefunden. Ab 1933 lebte er im Exil, zuerst in der Schweiz, dann in den USA. Erst 1952 kehrte Mann nach Europa zurück, wo er 1955 in Zürich verstarb.